: Arbeitslosigkeit sinkt ein bisschen
■ Die Erwerbslosenzahl ist knapp unter die Vier-Millionen-Marke gerutscht und damit genauso hoch wie vor dem Regierungswechsel. Wirtschaft hält Lehrstellenversprechen nicht
Nürnberg/Berlin (rtr/dpa/AP) – Zum ersten Mal seit Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland wieder unter die Vier-Millionen-Marke gesunken und liegt damit auf dem gleichen Niveau wie zum Regierungswechsel vor einem Jahr.
Wie der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, gestern in Nürnberg mitteilte, waren Ende September 3,943 Millionen Menschen ohne Job und damit 80.500 weniger als vor einem Monat und 22.100 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote verringerte sich binnen Jahresfrist von 10,3 auf 10,1 Prozent. Der Rückgang sei erneut „im Wesentlichen saisonbedingt“, erklärte Jagoda. Das Wirtschaftswachstum sei noch nicht stark genug, um die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu senken. Weiterhin sei eine moderate Lohnpolitik angezeigt, so Jagoda, der zudem das Steuersystem in Deutschland als zu kompliziert kritisierte. Es schrecke Investoren aus dem Ausland ab, die Arbeitsplätze schaffen könnten.
Nach Jagodas Worten hat sich auf dem Lehrstellenmarkt die Lage verbessert. Dies sei kein Verdienst der Betriebe, sondern allein dem Sofortprogramm der Bundesregierung zu verdanken. Das bedeutet, dass die Wirtschaft ihr im „Bündnis für Arbeit“ gegebenes Lehrstellenversprechen entgegen ihren Beteuerungen bisher nicht eingelöst hat. Bildungsministerin Bulmahn sagte daraufhin in Berlin, die Wirtschaft sei „in der Pflicht“, in den nächsten Monaten noch einiges zu tun, um allen Jugendlichen ein Ausbildungsplatzangebot zu machen.
Angesichts der aktuellen Erwerbslosenzahlen warf die CDU der Bundesregierung vor, in der Arbeitsmarktpolitik ein Jahr vertan zu haben. CDU-Generalsekretärin Merkel forderte die Schröder-Regierung auf, „sich nicht noch ein weiteres Jahr nur mit sich selbst zu beschäftigen“. SPD-Fraktionsvize Schwanhold erklärte dagegen, der „Beschäftigungszug“ rolle. Die wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Weichen seien richtig gestellt.
Als Reaktion auf die neuen Zahlen kündigte die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen eine bundesweite Kampagne gegen das Sparpaket der Bundesregierung an. Die Kampagne werde von Gewerkschaften und Sozialverbänden unterstützt. Der Weltspartag am 29. Oktober solle zu einem Aktionstag gegen Arbeitslosigkeit werden.
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