Was ist geblieben von der DDR?: „Keine Weintrauben“
■ Der 27-jährige Student Jochen Hennig wohnt bewusst mit Ossis zusammen
briggeblieben sind die Menschen, ihre Lebenseinstellungen und ihre Werte. Das macht sich im Alltag, im Beruf und bei den Zielen für die Familie bemerkbar.
Es wird nach wie vor mehr Gemeinschaft angestrebt. Die Zusammenarbeit bei der Arbeit ist kollegialer. Das merke ich, wenn ich, was selten der Fall ist, in der ehemaligen DDR arbeite. So wie jetzt gerade.
Ich studiere Wissenschaftsgeschichte in Oldenburg und recherchiere für einige Tage in einem ehemaligen DDR-Archiv, an der Berliner Akademie der Wissenschaft, über einen Physiker und einen Chemiker.
Obwohl ich in Oldenburg wohne, ist der Osten für mich ein Thema, weil ich mit Ostdeutschen zusammenwohne. Es ist ein Ost-West-Zusammenwohnen. Da gibt es schon viele Unterschiede. Die Kochgewohnheiten zum Beispiel sind völlig verschieden. Auch was für Früchte eingekauft werden und was für Gerichte es gibt.
Wenn meine Mitbewohner von einer Reise zurückkommen, kommen die Freunde aus Ostdeutschland und bringen Weintrauben mit. Das machen Wessis nicht. Ansonsten gibt es in den Supermärkten in Oldenburg keine ostalgischen Produkte.
Außerdem gibt es dort viele Leute, die in den letzten zehn Jahren überraschenderweise noch nicht in der Ex-DDR waren. Man würde denken, wer in den Neunzigerjahren in Deutschland lebt, guckt sich das mal bewusst an. Aber es gibt viel Desinteresse.
Mir fällt in Ostberlin auf, dass dort stärker umgebaut wird. Sehr extrem und dekadent. Im Westen ist der Übergang kontinuierlicher gewachsen. Im Osten sind die Brüche stärker.
Aufgezeichnet: Barbara Bollwahn de Paez Casanova
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