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Aasgeier im Cyberkongo

Windige Finanzjongleure machen verrückte Geschäfte mit Warlords der Demokratischen Republik Kongo    ■ Von François Misser

Brüssel (taz) – Rakesh Saxena ist ein Mann mit vielen Dimensionen. In seiner Wahlheimat Kanada ist er Hauptaktionär der Global Exploration Corporation (GXC), eine kleine Bergbaufirma mit Sitz in Vancouver. In seinem Geburtsland Thailand war er früher Schatzmeister der Bangkok Commercial Bank und lieh lokalen Politikern und dem saudischen Millionär Adnan Kaschoggi 88 Millionen Dollar ohne ausreichende Deckung. Thailands Justiz hat daher gegen ihn ein Auslieferungsverfahren angestrengt.

In Sierra Leone führte Rakesh Saxena vergangenes Jahr den Briten Tim Spicer, Chef der Söldnerfirma Sandline, in die Undercover-Operationen zum Sturz des damaligen Militärregimes von Johnny Paul Koroma und der Wiedereinsetzung des derzeitigen Präsidenten Ahmed Tejan Kabbah mit Hifle Nigerias ein. Spicer bildete auf Vermittlung Saxenas lokale Kabbah-treue Milizen aus. Im Gegenzug bekam Saxena Diamantenkonzessionen.

Und nun ist Rakesh Saxena auch in der bürgerkriegsgeschüttelten Demokratischen Republik Kongo aktiv – auf beiden Seiten. Seine Bergbaufirma GXC verkündete im Juni, sie habe Diamantenkonzessionen in der von ugandatreuen Rebellen kontrollierten Ostprovinz um Bunia erhalten sowie in der von der Regierung Kabila kontrollierten Provinz Westkasai um die Stadt Kananga.

Um diese Konzessionen auszubeuten, braucht Saxena Geld, das er nicht hat. Denn am 9. Juli wurde seine Firma von der Börse von Vancouver suspendiert – wegen ihrer „Einbeziehung in Diamantenkonzessionen in Sierra Leone, wo Herr Saxena bei der Finanzierung eines Gegenputsches geholfen hat“. Im August behauptete dann plötzlich Saxenas ehemalige Partnerfirma Diamond Works, sie habe nie mit Saxena zu tun gehabt.

So hat Saxena heute ein Problem. Er versucht daher, seine Firma GXC auf einer US-Börse registrieren zu lassen. Wenn das klappt, wird er zu einem gewichtigen Akteur in der bereits von zwielichtigen Gestalten geprägten Geschäftswelt des Kongo.

Am 15. Juni, ungefähr zu selben Zeit wie Saxena seine Konzessionen im Kongo erhielt, wurde im kongolesischen Kisangani ein ausgesprochen bizarrer Vertrag geschlossen. Ernest Wamba dia Wamba, Präsident des ugandatreuen Flügels der kongolesischen Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), beauftragte die First International Bank of Grenada (FIGB) mit der Gründung einer privaten Zentralbank für den Kongo.

Das ist eine Weltpremiere. Nicht einmal Kongos Präsident Kabila, der immerhin Kongos staatlichen Bergbaukonzern Gecamines an den simbabwischen Unternehmer Billy Rautenbach übergeben hat und kürzlich einer simbabwischen Staatsfirma mehrere tausend Quadratkilometer Land im Süden des Kongo schenkte, dachte bisher daran, die Zentralbank in fremde Hände zu geben.

Dem Vertrag der FIGB mit Wamba zufolge soll der US-amerikanische FIGB-Chef Van A. Brink eine Währung emittieren dürfen, die von Kongos Gold- und Diamantenvorkommen gedeckt sein wird. Die FIGB darf nach eigenem Gutdünken mit ausländischen Finanzpartnern verhandeln. Steuern zahlt sie nicht; sie tritt lediglich dem „Kongolesischen Staat“, zu dessen Chef sich Rebellenführer Wamba damit erklärt, 35 Prozent ihrer Profite ab und garantiert ihm Kredite zu Sonderkonditionen. Laufzeit des Vertrages: 60 Jahre.

Van A. Brink gilt als ausgesprochen windiger Geschäftsmann. Die kanadische Zeitung Penctiton Herald berichtet, seine Bank FIGB sei die Spitze einer Gruppe von Offshore-Pyramidenbanken, die nach demselben System funktionieren wie die, die vor zwei Jahren in Albanien spektakulär zusammenbrachen und fast eine Revolution hervorriefen: Mit den jüngsten Einlagen werden älteren Anlegern fantastisch hohe Zinsen gezahlt. Philip Offil, Ermittler bei der Börsenkommission von Texas, sagt, die Bank habe Renditen von bis zu 5.000 Prozent versprochen.

Die Regierung von Grenada, wo die Bank ihren Briefkastensitz hat, ist alarmiert und bat kürzlich um Amtshilfe vom FBI. Aber im Juli erklärte Grenadas Premierminister Keith Mitchell nach Angaben des Pariser Wirtschaftsbriefes Lettre de l‘Océan Indien, das FBI habe nichts gefunden. Damals hielt sich Van A. Brink in Uganda auf.

Das ist noch längst nicht alles. Van A. Brink heißt in Wirklichkeit gar nicht Van A. Brink, sondern Gilbert Allen Ziegler. Unter diesem – seinem richtigen – Namen ging er 1994 als Hypothekenmakler pleite. Unter diesem Namen hat er auch die Internet-Börse World Investors Stock Exchange gegründet, mit Sitz in Grenada, obwohl die grenadischen Behörden davon nichts zu wissen behaupten.

Unter diesem Namen ist er auch „Botschafter“ eines Staates, der nur im Internet existiert: das „Dominion of Melchizedek“, gegründet von dem Sektenführer David Korem, dessen Einnahmequelle laut Penctiton Herald darin besteht, 300 Offshore-Banken zum Preis von je 50.000 Dollar eine fiktive Adresse gegeben zu haben. Wollte Ziegler alias Van A. Brink nun im Kongo endlich den Durchbruch in die reale Welt schaffen?

Seit der seltsame Vertrag bekannt wurde, rudern Wambas Rebellen zurück. Wambas Sprecherin Claire Madishi erklärte Anfang September, man habe keine Ahnung gehabt: „Die RCD-Kisangani dachte, sie hätte einen Vertrag mit einer Investorengruppe geschlossen, die an der Unterstützung der Entwicklungsbemühungen der Demokratischen Republik Kongo interessiert ist. Wenn unsere Partner nicht sind, wer sie zu sein vorgaben, erklären wir das Vorabkommen für ungültig.“

Damit beweisenWamba und seine Freunde aber lediglich ihre Naivität. Es ist zudem unwahrscheinlich, dass Wambas Schutzherren in Uganda nichts wussten, denn ohne sie läuft im nordkongolesischen Rebellengebiet nichts.

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