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Pressefreiheit light

■ Zeugnisverweigerungsrecht: FDP will ein klein wenig mehr Rechte für Journalisten

Berlin (taz) – Nach dem Willen der FDP soll das Zeugnisverweigerungsrecht für JournalistInnen „erweitert“ werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf ihrer Fraktion wurde gestern Abend im Bundestag debattiert. Bereits im Vorfeld war indes Kritik laut geworden. „Der Entwurf der FDP hat richtige Ansätze, schützt die Pressefreiheit aber nur unzureichend“, so der grüne Bundestagsabgeordnete Ströbele.

Das Zeugnisverweigerungsrecht ist bereits seit längerem aufgeweicht. Seit Jahren stehen immer wieder Polizeibeamte mit Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüssen vor der Redaktionstür. Gesucht wird nach Filmaufnahmen von unfriedlichen Demonstrationen, nach Bekennerbriefen oder Aktenstücken. Nach allem eben, was in einem Ermittlungsverfahren brauchbar sein könnte. „Selbst erarbeitetes Material“, also Notizen, Fotos, Negative und ähnliches, kann beschlagnahmt werden; geschützt sind nur die Mitteilungen von Informanten. Allerdings wird auch dieser Schutz durch den „Großen Lauschangriff“ längst durchlöchert.

Nach dem FDP-Entwurf soll künftig nun auch selbst recherchiertes Material vor dem Zugriff von Polizei und Staatsanwaltschaft bewahrt werden. „Nur in krassen Ausnahmefällen“, so die Freidemokraten, dürfe die Pressefreiheit „Einschränkungen erfahren und hinter dem Erfordernis der Strafrechtspflege zurücktreten“.

Die Freude legt sich schnell. Ein ganzer Katalog von Straftaten dient dazu, JournalistInnen das „erweiterte“ Zeugnisverweigerungsrecht sogleich wieder zu nehmen. Von Völkermord und Landesverrat, Kindesmissbrauch und Menschenhandel über Drogen- und Umweltkriminalität bis hin zu Brandstiftung und „gefährlichen Eingriffen“ in den Straßen-, Schiffs-, Bahn- und Luftverkehr reicht die Palette. Neben Handtaschendiebstahl und Mundraub bleibt nicht viel ausgespart, was der FDP letztlich ein Zeugnisverweigerungsrecht wert wäre. Damit bringt der Entwurf kaum eine Veränderung der gegenwärtigen Praxis, geschweige denn eine Verbesserung.

Ströbele wirft den Liberalen vor, einen Gesetzesantrag seiner Partei in der vergangenen Wahlperiode verhindert zu haben. Über einen Gesetzentwurf zur Sicherung der Pressefreiheit, der gegenwärtig im Justizministerium vorbereitet wird, hüllt er sich allerdings in Schweigen. Hier bestehe noch „Feinabstimmungsbedarf“ mit der SPD. Das weitere Prozedere ist damit klar: Den FDP-Entwurf wird die rot-grüne Koalition in den Rechtsausschuss überweisen und dort dem Regierungsentwurf gegenüberstellen. Unklar hingegen bleibt weiterhin, ob dieser Gesetzentwurf dann tatsächliche Verbesserungen bringen wird.

Otto Diederichs

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