: Den alten Auftrag neu formulieren“
■ Wie Banken zu Mäzenen werden. Sparkassen haben einen gesetzlich festgelegten Auftrag, einen Teil ihrer Einnahmen aus dem Geldgeschäft wieder auszuschütten. Interview mit Eckard Wörner von der Kasseler Sparkasse
Die Kasseler Sparkasse hat vier Stiftungen gegründet, die Projekte in der Stadt und im Landkreis Kassel fördern. Über die Aktivitäten, die Kriterien zur Vergabe der Gelder und die Gewinne für das Geldinstitut sprach die taz mit dem Stiftungsgeschäftsführer Eckard Wörner.
taz: Banken kassieren üblicherweise Geld. Sie hingegen verschenken es. Warum?
Eckard Wörner: Wir fördern Soziales, Sport und Kultur. Damit wollen wir die Vitalität der Region erhalten, auch die Lebensfreude der Menschen fördern und zudem die Wirtschaftskraft. Letztlich kommt das auch uns wieder zugute, weil wir als öffentlich-rechtliche Sparkasse in unserer Existenz gestärkt werden, Geld verdienen und damit auch Arbeitsplätze sichern können.
Welches Projekt haben Sie mit Stiftungsgeldern gefördert?
Über die Projekte entscheidet ein Kuratorium, das aus Mitgliedern unseres Verwaltungsrates sowie unabhängigen Fachleuten besteht. Jedes Projekt, das einen Antrag stellt, wird genau geprüft, insbesondere daraufhin, ob von ihm Innovationen im kulturellen oder sozialen Bereich ausgehen. Wir würden unseren Aufgaben nicht gerecht, wenn wir jetzt nur einzelne Projekte herausgriffen.
Ein Förderkriterium ist, dass das Projekt innovativ sein muss. Was zählt außerdem?
Das Wesentliche ist die „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das Geld darf zudem nicht in öffentliche Haushalte fließen, und es muss mit neuen Mitteln versucht werden, Probleme zu lösen und Unternehmungen anzukurbeln, die sonst nur sehr schwer angegangen werden können.
„Hilfe zur Selbsthilfe“ heißt, dass es keiner langfristigen Förderung bedarf?
Es geht in erster Linie darum, Dinge anzustoßen. So hat etwa die Aids-Hilfe eine Zeitschrift gegründet und Probleme, die ersten beiden Ausgaben zu finanzieren. Wenn die Zeitschrift läuft, gibt es Gelder von anderswo, vielleicht auch durch Werbung. Wir wollen uns dann wieder zurückziehen.
Wie lange dauert eine durchschnittliche Förderung?
In der Regel ist sie einmalig. Wobei es natürlich Projekte gibt, die wiederholt auf uns zukommen. Dann muss wieder neu entschieden werden.
Was haben Sie und Ihre Sparkasse davon?
Wir haben als öffentlich-rechtliches Institut eine soziale Verpflichtung. Wir nennen uns aus diesem Grund eine „Gesellschaftssparkasse“. Unser Vorteil ist nur mittelbar. Wenn es der Region gut geht, geht es uns auch gut. Wenn in der Region Jugendliche abdriften oder Arbeitslosigkeit entsteht, dann hat das negative Auswirkungen für die ganze Region – und letztlich auch für uns.
Können damit auch neue Kunden gewonnen werden? Was ja sicherlich das Ziel ist.
Bei mäzenatischen Aktivitäten kann man nicht unmittelbar mit einem Rückfluss rechnen. Aber es gibt Aktivitäten, bei denen wir davon ausgehen, dass diejenigen, mit denen wir zusammenarbeiten, treue Kunden bleiben oder vielleicht werden. Natürlich hat jede Art von Förderung auch das Ziel der Kundenbindung.
Wenn Sie jemanden unterstützen, erwarten Sie dann, dass er ein Konto bei Ihnen führt?
Wir sehen es gern, wenn ein Partner, mit dem wir zusammen arbeiten, mit uns auch eine Geschäftsbeziehung hat. Denn auch die Kontoverbindung im Briefkopf steht für eine Partnerschaft.
Warum haben Sie vier Stiftungen?
Wir haben eine Stiftung Kultur für die Stadt und eine für den Landkreis, ebenso eine Stiftung Soziales und Sport sowohl für den Landkreis als auch eine für die Stadt. Es ist also eine rein regionale Aufteilung. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass entsprechend der Größe unseres Geschäftsgebietes überall gleichmäßig gefördert wird.
Wie erfährt ein potentieller Kunde oder die Bevölkerung, dass Sie unterstützend tätig sind?
Wir sind in der Region als Förderer bekannt. Und unsere vier Stiftungen werden sehr massiv angesprochen. Die Hauptaufgabe ist, unter der Vielzahl der Anträge das Projekt zu finden, das den genannten Kriterien entspricht.
Und wie ist dies in das Marketingkonzept der Kasseler Sparkasse eingebunden?
Die Stiftungen sind autonome Einrichtungen. In das Marketingkonzept sind sie insofern eingebunden, als dass der Empfänger und die Öffentlichkeit weiß – und auch immer wieder erfährt –, dass es sich beim Förderer um eine Stiftung der Sparkasse handelt. Aber wir knüpfen an unsere Leistungen keine unmittelbaren Forderungen.
Sie müssen sich vor Ihrem Vorstand rechtfertigen und der wird Sie fragen: „Was hat uns das gebracht?“ Wenn es erfolgreich läuft, wie lautet dann Ihre Antwort?
Das Mindeste, was eine Aktivität bringen muss, ist, unsere Verankerung in der Region zu festigen.
Wie ist das messbar?
Durch wachsende vertrauensvolle Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen; ohne, dass wir nun direkt materielle Erwartungen hegen.
Was auf nichtmaterieller Ebene ein Imagegewinn bedeutet?
Das ist natürlich auch ein Imagegewinn.
Haben die Gründer der Sparkassenbewegung so große Herzen gehabt, was sie veranlasste, im Sparkassengesetz die Verpflichtung festzulegen, Geld auszugeben?
Ich glaube, es hat gar nichts mit Sentimentalität zu tun. Die ersten Sparkassen waren zum einen philanthropische Gründungen, und zum anderen waren es Gründungen von Gebietskörperschaften, Städten und Landkreisen. Es war von Anfang an klar, dass sie auch über das Geldgeschäft hinaus einen öffentlichen Auftrag haben. Und das ist auch heute noch im Sparkassengesetz verankert. Wir verwirklichen diesen alten Auftrag nach wie vor und formulieren ihn auf zeitgemäße Weise heute neu.
Wann haben Sie persönlich zuletzt gespendet?
Ich selbst spende relativ selten, aber ich investiere einen sehr großen Teil meiner Freizeit für im kulturellen und sozialen Bereich tätige Organisationen, die ich in ihrer Selbstständigkeit unterstütze, wo ich mein Know-how und meine Arbeitskraft und auch meine Verbindungen einbringe. Das ist kein materieller Beitrag, sondern ein persönlicher.
Interview: Katrin Stegmüller
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