Klima-Kapriolen der Warmzeit

■ Internationale Klimakonferenz in Delmenhorst

30 Wissenschaftler kamen diese Woche in Delmenhorst zusammen: Klimaforscher, Archäologen, Historiker und Geowissenschaftler aus dem In- und Ausland haben hier die Klima-Kapriolen dieser Warmzeit mit Fachkollegen diskutiert. Denn so stabil wie bislang angenommen, ist diese Warmzeit nicht.

„Die letzten 10.000 Jahren waren zwar ungewöhnlich warm“, sagt Karl-Ernst Behre, Küstenforscher aus Wilhelmshaven. Trotzdem schwanken die Temperaturen deutlich – und zwar nach ganz bestimmten Rhytmen, so die Erkenntnisse der Forscher.

Behre geht es vor allem um die Auswirkungen des globalen Klimas auf die Besiedlungsgeschichte und die Wirtschaft. Zwischen dem Anstieg der Meere und den Besiedlungs- und Wüstungsphasen an der Küste „gibt es eine ganz klare Kette“, meint Behre. Im Mittelalter war es so warm im Norden, dass sogar bis Riga Wein angebaut wurde – auch in Bremen. Mit der kleinen Kältezeit im Mittelalter verschob sich die Weinanbaugrenze nach Süden.

Unterscheiden müssen die Wissenschaftler vor allem zwischen natürlicher Variation und Menschen-gemachten Veränderungen. „Die Periode der letzten 20 Jahre ist ganz gut festgehalten – in immer besseren Modellen, sogar per Satellit“, sagt Wolfgang Berger von der University of California. Aber die seien zu stark vom Menschen beeinflusst: „Wir müssen vor allem ältere Sachen aufarbeiten, Sedimentkerne untersuchen, die natürliche Variation anzeigen.“

Auch der Anstieg des Meeresspiegel wurde diskutiert. Horrorszenarien seien „lange Zeit en vogue gewesen.“ Ausgelöst durch die Sturmfluten 1962 sei man zu „hysterisch überhöhten Werten“ gekommen. Zwei Milimeter steigt der Meeresspiegel pro Jahr – „das ist sehr viel geringerer als bisher angenommen.“

Wesentlich für die Sturmfluten wären nicht so sehr der Meeresspiegel sondern Deichbau und Kanalisierung der Flüsse. „Vor der Weser-Korrektur hatten wir einen Tidenhub von 19 Zentimetern, jetzt 4,1 Meter um die Schiffe reinzuholen“, sagt Behre. Aber damit kamen auch die Sturmfluten rein.

Auch um die Inseln in der Nordsee ging es den Klimaforschern. „Je größer der Tidenhub desto kleiner und mobiler werden die Inseln.“ Schon jetzt werden die Sandstrände immer wieder aufgespült. Trotzdem werden die Inseln weiter landwärts wandern, so die Prognosen. Verhindern könne man das wahrscheinlich nicht. pipe