: Fotografen bekommen Geld für Online-Verwertung
■ Präzedenzfall: Gericht gibt Bildjournalisten im Prozess gegen „Tagesspiegel“ Recht. Die Zeitung soll zahlen, weil sie unerlaubt Bilder der Fotografen im Internet verwendet hat
Ein richtungsweisendes Urteil für die deutsche Presse hat gestern das Berliner Landgericht verkündet. Fünf freie Fotografen hatten den Berliner Tagesspiegel verklagt, weil das Blatt ihre Bilder –ohne zu fragen und ohne zu zahlen – auch in seiner Online-Ausgabe verwendet hatte.
Wie einer der Richter des Berliner Landgerichts gestern bestätigte, bekamen die Fotografen in allen Punkten Recht. Gegenüber Rechtsanwalt Christian Donle, der drei der Fotografen vertritt, erklärte er, dass das Gericht den Verlag des Tagesspiegels zu Schadensersatzzahlungen und Unterlassungserklärungen verurteilt habe.
Das Urteil gilt als richtungsweisend, weil damit erstmals von einem deutschen Gericht entschieden wurde, dass Online-Zeitungsausgaben „eindeutig eine andere Veröffentlichungsform“ seien. Folglich müssten auch schreibende Journalisten, deren Beiträge im Internet veröffentlicht werden, dafür bezahlt werden.
Der Tagesspiegel hatte darauf verwiesen, diese Art der Zweitverwertung sei „gängige Praxis“, die Fotografen hätten also wissen müssen, auf was sie sich einließen, als sie ihre Bilder an die Zeitung verkauften. Das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor, doch es ist davon auszugehen, dass das Gericht diese Haltung des Tagesspiegels für unrechtmäßig erklärt.
Zeitungen müssen demnach ausdrücklich und schriftlich das Einverständnis ihrer Mitarbeiter einholen, wenn sie deren Beiträge auch online verwenden möchten. Auf die Rechtsabteilungen der Verlage käme viel Arbeit zu, falls das Urteil rechtskräftig wird.
Das ist es noch nicht, da der Tagesspiegel höchstwahrscheinlich in die Berufung gehen wird. Davon geht Donle aus. Der Erfolg seiner Mandanten vor dem Landgericht sei deshalb nur „eine Etappe auf einem langen Weg“.
In der nächsten Instanz wäre der 5. Zivilsenat zuständig. Bis dieser entscheidet, kann noch ein weiteres Jahr ins Land gehen. Wie er entscheiden wird, darüber wollte Donle noch nicht spekulieren. Wenn der Streitwert auf über 60.000 Mark festgelegt wird, könnte der für Journalisten und Verleger gleichermaßen wichtige Präzedenzfall endgültig erst vom Bundesgerichtshof entschieden werden. Lukas Wallraff
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