: Feuer und Flamme für den Sondermüll
■ In Weißensee brannte eine illegale Holzmülldeponie ab. Der Skandal: Das Bezirksamt hätte den Schutt längst räumen lassen müssen. Grüne spekulieren über „heiße Entsorgung“ und fürchten Freisetzung von Dioxin
Dichte, schwarze Qualmwolken bedeckten am Wochenende den Himmel über Heinersdorf. Bei einem Großbrand in der Blankenburger Straße im Bezirk Weißensee fackelten etwa 13.000 Kubikmeter Holz auf einer illegalen Bauschuttdeponie ab – mit womöglich schlimmen Folgen. Es wird befürchtet, dass durch alte Farbanstriche und lindanhaltige Holzschutzmittel krebserregendes Dioxin in die Luft gelangt ist. Auch die Verseuchung von Boden und Grundwasser war gestern noch nicht abzuschätzen.
Über 58 Stunden kämpften 60 Feuerwehrleute gegen die bis zu zwölf Meter hohen Flammen, die immer wieder aus den Holzstößen hervorloderten. Zeitweise war der Brand außer Kontrolle. Radlader trieben Schneisen in die Holzstapel, um die Glut zu ersticken. Die Rauchsäule war zwei Kilometer weit zu sehen. Übler Gestank breitete sich aus.
Die Anwohner wurden per Lausprecher aufgefordert, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Im gleichen Atemzug gab die Polizei Entwarnung, nachdem sie erste Messwerte genommen hatte: „Eine gesundheitliche Gefährdung besteht nicht.“ Ein Polizeisprecher sagte aber, Ergebnisse seien frühestens im Verlauf des heutigen Tages zu erwarten.
Die Ursache des Brandes, der in der Nacht zum Samstag kurz nach zwei Uhr ausgebrochen war, ist noch unklar. Die Kriminalpolizei geht von Brandstiftung aus. Die grüne Abgeordnete Claudia Hämmerling befürchtet eine „heiße Entsorgung“ des illegal gelagerten Abfallholzes: „Das ist preiswerter als der Abtransport.“ Nach Polizeiangaben hat es auf dem Gelände der Recyclingfirma schon vor drei Monaten gebrannt – Ursache unklar.
Fest steht dagegen, dass der Brand zu vermeiden gewesen wäre. Denn das Feuer ist der traurige Höhepunkt eines Umweltskandals, der schon im Herbst letzten Jahres seinen Anfang genommen hatte. Damals wurden auf dem Areal nördlich der Malchower Straße bis zu 80 000 Kubikmeter Abrissholz und Sondermüll ohne ausreichende Genehmigung aufgetürmt. Von Recycling war keine Spur. Nachbarn beschwerten sich beim Bezirksamt. Gegen den Betreiber wurde im April Anzeige erstattet. Anfang August nahm ihn die Polizei fest.
Die Grünen werfen dem Bezirksamt vor, von der Brandgefahr gewusst zu haben ohne Konsequenzen zu ziehen. „Das Bezirksamt hat einen einstimmigen BVV-Beschluss zur Räumung des Geländes in krimineller Weise missachtet“, so Hämmerling. Sicherheitsmaßnahmen seien verschleppt worden. Anfangs habe der zuständige Baustadtrat Rainer Hampel (SPD) sogar eine nachträgliche Genehmigung für den Betrieb der Deponie erteilt, die dann erst Ende letzten Jahres widerrufen worden sei.
Auch der Rechnungshof hat sich eingeschaltet. Denn für die Räumung des Geländes, für die inzwischen der Bezirk verantwortlich ist, muss der Steuerzahler aufkommen. Geschätzter Kostenpunkt: zwei bis vier Millionen Mark.
Andreas Spannbauer
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