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Lache, fluche, greine, bin wütend“

■ Das geheime Fernsehtagebuch der Verona F., fünfte Folge: Die Schokofrage und wirklich wirkliche Straßenumfragen

2. Oktober 1998

Esther Schweins da. Jetzt erwarte, liebes Tagebuch, nicht eine Abhandlung über Wesen und Unwesen der Parodie von mir. Eher über Nutzen und Nachteil der Moral bei der Erschaffung des Fernsehens. Ich rede ja schon wie mein Biograf. Bin gespannt, ob er vorankommt. Er wolle mir „Leben einhauchen“, sein Buch werde eine Art „Schöpfungsakt“, „'ne Odemeinblasung“, tsts. Ralph Morgenstern, einer von drüben, bringt Torte mit Schifferpuppe herein. Werde sie ihm bei Gelegenheit in den Arsch schieben.

11. Oktober 1998

Gäste zusehends drittklassig. „Einen Stutzi hat sie stehen“, die Diane Weigmann, „wie 'n Klettverschluss vom Portemonnaie?“ Dafür drei Jahre Sibirien im „klitzekleinen Pelz“. Lasse Besorgnis erregend oft den Kopf nach links quackeln und patsche meinen Tresen. „Dass wir alle altern, ist ja klar, dazu muss man nicht homosexuell sein“, rutscht mir gegenüber Peter Kern raus. Und rette mich. „Wenn man so schwitzt, das kann man ja auch Schweiß nennen.“ Das alte Niveau.

Kriege Falten am Arsch. Montagefehler en masse. Meine Rache: „Ich kann da ruhigen Gewissens sprechen, denn ich denke, dass die Umfragen [auf der Straße, über ihre Gäste] wirklich wirklich sind. Wirklich wirklich, „ist das nicht wieder nett gesagt?“ Schreie in der Garderobe. Trailer: „Gleich bei peep!: Deutschland zeigt sich hüllenlos.“ Bitte nicht, denkt die Halbbolivianerin in mir.

23. Oktober 1998

Bin eingeladen in Veronas Welt. Schon wieder kommt Karl Dall. Vor Lachen nicht eingeschlafen. Sanka gerufen.

6. Dezember 1998

Finde in peep!, dieser Paradesendung für den aufgeschlossenen Sadomasochisten, schnell zu mir selbst. Formanstieg. Arschpolster gekauft. Gehe mich an: „Da muss man sich gar nicht drüber wundern, die lachen über alles.“ Einspieler: die erotischen Gedanken der Fernfahrer. Selten billigeren Dreck gesehen. „He, Mädels, macht euch locker für mich und meinen Zwölftonner.“ Lache, fluche, greine, bin wütend. Trete K. in den Arsch. Und Z. Verpasse L. Gedanken gehabt vorm Einschlafen: Kondome tragen ist Schwimmen mit Gummistiefeln.

13. Dezember 1998

Viel Schokos.

29. Dezember 1998

Manchmal glaube ich, dass das Leben auch mal ganz anders sein könnte. Ohne erstes Mal zum Beispiel.

10. Januar 1999

Muss mich evtl. umorientieren. Nicht wie Amanda werden! Aber anders. Verfange mich im Mixer. Bräuchte wohl Wasser-Sex. Udo Kier [Eintragung bricht an dieser Stelle ab]

15. Februar 1999

Lese bei Udo, Dieter und die N. hätten auf Mallorca ein „Traum-Domizil“ erwerben wollen für lächerliche 3,8 Mios. Dieter rannte zum Notar, aber N. N. bot mehr. Später dessen Rückzieher. Jetzt Dieter sauer, wie ich ihn kenne: knallt dem Rechtsverdreher eine, fliegt mit seinem Jaguar aus der Kurve und brüllt im Hotel N. an: „Wieso hast du mir das nicht gleich gesagt?!“

Unter Udos Ägide heißt das: „Ich lass mich doch nicht verarschen.“ Immer für eine fette Verarsche gut, der kleine süße Udo. Wirkt in letzter Zeit etwas fett.

Noch Schokos kaufen.

16. Februar 1999

Die Süddeutsche Zeitung schreibt doch tatsächlich: „Wir werden alle Verona Feldbusch“. Wäre schlecht. Meine Tantiemen beliefen sich dann auf ... Moment ... hab's gleich ... verflixt ... egal. Werden wir. Und der Dieter wird sich freuen.

21. Februar 1999

Jetzt fang ich auch schon an zu sprechen wie ich. Sehe keinen Ausweg. Außer Zigarren und dem vierten Orgasmus meines Lebens. Besorge ihn mir. Jürgen Roth

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