: Ausgerechnet gegen Freiburg ausgerechnet Butt
■ Dank des treffsicheren Keepers gewinnt das allmähliche Spitzenteam HSV mit 2:0
Hamburg (taz) – Wovon lebt eigentlich die Fußball-Bundesliga, wenn es langweilig wird in den Stadien? Davon, dass es in jedem Spiel Duelle gibt, die einem bekannt vorkommen. „Ausgerechnet Sowieso war es, der ...“, leiten Kommentatoren dann immer ihre Sätze ein, wenn einem Spieler gegen seinen ehemaligen, seinen zukünftigen oder befreundeten Klub etwas Besonderes gelingt. Dass beim herrschenden Wechselfieber nahezu in jedem Match solche Konstellationen entstehen, entgeht den begeisterten Analytikern gerne – wenn das Spiel öde vor sich hinplätschert.
So war es am Samstagnachmittag ausgerechnet Torhüter Jörg Butt, der im Spiel des Hamburger SV gegen den SC Freiburg einen Elfmeter verwandelte. Nicht dass das etwas Besonderes wäre. Insgesamt zehn Treffer erzielte er auf diese Weise schon und ist damit mit weitem Abstand der beste Torschütze unter den Torverhinderern, den es hierzulande jemals gab.
Einen einzigen Strafstoß jedoch hat Butt in den vergangenen zwei Spielzeiten versiebt: Ausgerechnet den vor einem Jahr gegen den SC Freiburg und Richard Golz. Der wiederum eine Spielzeit zuvor ausgerechnet Jörg Butt als Keeper Nummer eins aus dem Tor der Hanseaten verdrängt hatte. Und ausgerechnet gegen Richard Golz musste Butt (augenblicklich schallte es wie immer ausgerechnet „Buttbuttbuttbutt“ durchs Rund) nun wieder antreten, ausgerechnet jener Golz eben, der zwischen 1987 und 1998 insgesamt 273-mal für den HSV im Bundesliga-Tor stand. Dieses Mal ließ der Freiburger den Ball passieren, obwohl er sich doch vor dem Spiel so sicher war: „Ich halte auch den nächsten Elfmeter von Butt“, hatte er keck kundgetan.
Anschließend war er jedoch schlauer bzw. auch wieder nicht: „Das war wieder ein Beispiel dafür, dass Video blöd macht“, meinte er geknickt. Mittags hatte er sich noch ein paar Strafstöße seines Kollegen auf Band angesehen, seine Meinung kurzfristig geändert und sich ausgerechnet für die falsche Ecke entschieden.
Auch das zweite Tor der Hanseaten fiel unter die Kategorie“ausgerechnet“. Eine lange Freistoßflanke von Rodolfo Esteban Cardoso verwandelte der Abwehrspieler Andrej Panadic per Kopf in der 74. Minute zum 2:0. Ausgerechnet Cardoso, der vor dem Spiel noch Freiburgs Coach Volker Finke umarmt hatte und von dem Pressesprecher Udo Bangerter im Vorfeld der Partie behauptete: „Der ist keine Gefahr, der wird sich hüten, gegen uns etwas ernsthaft Böses zu tun.“ Immerhin spielte der Argentinier zwischen 1993 und 1995 bei den Badenern und hatte dort seine beste Zeit in der Bundesliga, ehe er bei Werder Bremen und später bei den Hamburgern häufiger auf der Tribüne saß, als dass er auf dem Feld für Gefahr sorgte.
Ansonsten war das Match wirklich langweilig. Die Hamburger kontrollierten die Freiburger ohne Mühe. Die Abwehr um Libero Nico-Jan Hoogma hatte gegen die zwar offensiv eingestellten, aber miserabel kombinierenden Breisgauer selten Probleme. Zoubaier Baya merkte man an, dass er nicht fit war. Und Levan Kobiaschwili nickelte lieber mit Hamburgs Roy Präger (erster Spieler mit fünf gelben Karten in dieser Saison, ausgerechnet ein Stürmer) herum, als dass er sich dem Angriffsspiel seines Teams widmete. „Das war mit Abstand unsere schlechteste Saisonleistung“, gab Golz nach Spielschluss unumwunden zu.
Auf der anderen Seite gab es auch kaum Torgelegenheiten. Zwar kombinierten die Hanseaten ganz ansehnlich, was vor allem der Einsatzfreude Cardosos zu verdanken war. Bei konsequenterem Spiel hätte der HSV schon zur Halbzeit sehr viel deutlicher führen müssen. Oder wie der Argentinier formulierte: „Die letzten zwei, drei Partien waren nicht so gut.“ Aber auch das ist eine alte Fußball-Weisheit: Eine Spitzenmannschaft, und das ist der Hamburger SV ganz allmählich, muss auch solche Spiele gewinnen. Und letztlich gaben ausgerechnet die Ausgerechnet-Situationen dem Spiel wenigstens noch ein klein wenig Pfiff. Eberhard Spohd
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