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Querspalte

■ Klartext!

Ab und an denkt man an Worte, die in den Achtzigerjahren verboten wurden, „Betroffenheit“ etwa. Während Mildner meint, das Wort hätte schon immer nur die affektierte Lüge gemeint – die Gefühlsanmaßung irgendwelcher Mittelstandsidioten mit Abitur, die gerade nicht existenziell von irgendwelchen Dingen betroffen sind –, meine ich mich zu erinnern, dass es dabei um die Sprache der tatsächlich Betroffenen ging; eine zu begrüßende Sache also, die erst durch die Anmaßung irgendwelcher Anfangsgrüner und Widerstandsossis diskreditiert worden war.

Wie dem auch sei: Auch andere Worte gehören auf die Abschussliste. So sollte man „Pop“ dringend meiden, will man nicht als ein von der Mitte bezahlter Vollidiot erscheinen. Übers „Poppen“ streiten wir uns hier noch bei der Stilfragenpolizei; „Ficken“ ist kurz davor, peinlich zu werden. „Paradigmenwechsel“ gehören verboten wie alles im Umfeld von „kreativ“, „schräg“ und dergleichen. Das abscheulichste Wort dieser Reihe subtiler Monströsitäten – die „neue Mitte“ also – werde ich hier nicht erwähnen.

Bestimmte, scheinbar unverdächtige Handlungsweisen sollen hier auch noch schnell gebrandmarkt werden: Superspießig ist es also zum Beispiel, sich über den Winter oder Berliner Hinterhofwohnungen mit Blick auf Brandmauern zu erregen, regelrecht ekelerregend und ohnehin rassistisch ist die Beschimpfung von Ossis, um mal „Klartext“ zu reden. „Klartext“ sollte man eventuell wieder einführen. Wär doch irgendwie schön, wenn über dieser Spalte „Klartext“ stünde . Detlef Kuhlbrodt

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