: Schwere Jugend
■ Jimmy Smalhornes Maso-Drama 2 By 4 auf den lesbisch-schwulen Filmtagen
Johnny arbeitet als Vorarbeiter für seinen Onkel in der Bronx. Seine Bisexualität lebt er mit Strichern und in düsteren Clubs aus. Er hat eine Freundin und gute Kumpels, nachts aber er wird von Alpträumen geplagt. Seine fast vergessene Vergangenheit kommt zum Vorschein und stürzt den jungen Mann in eine Welt aus sexuellem Miss- brauch, Schmerz und Schande.
Regisseur und Hauptdarsteller Jimmy Smalhorne wirft einen wahrlich merkwürdigen Blick auf die Neigungen der Figur „Johnny“. So erklärt er Johnnys homosexuellen Begegnungen oder seine Unfähigkeit, mit seiner Freundin über seine Alpträume zu reden, als Resultat der seelischen Wunden, die ihm als Kind durch die Vergewaltigung durch den Onkel zugefügt wurden. Der Mann als Opfer der Gesellschaft? Dies erinnert an die vielen Filme, die bis in die Achtziger hinein den Mann, der vergewaltigt oder Frauen prügelt, als Opfer seiner – meist in der Kindheit zugefügten – psychischen Defekte darstellt. Und nun wird der Mann aus den selben Gründen eben bisexuell. Wie unstatthaft die Suche nach Gründen für Homo- oder Bisexualität ist, haben gerade biologistische und psychologische Erklärungsversuche längst gezeigt.
Schade, dass diese Erkenntnis noch nicht zu allen heterosexuellen Mitmenschen durchgedrungen ist. An sich ist der Film mittelmäßiger, in wenig origineller 80er-Ästhetik gehaltener Mainstream, der einen nur teilweise eigenen Blick auf New York bietet. So ist der Blick auf die verschworene Gemeinschaft irischer Bauarbeiter in New York tatsächlich ungewohnt und neu. Stereotyp aber wiederum ist die Darstellung der Juden, die lediglich als geldgierige Bauunternehmer mit Schläfenlöckchen und schwarzem Hut dargestellt werden.
Insgesamt zeigt der Film einen Trend in der Filmwirtschaft: Immer öfter werden schwule Themen vereinnahmt und für ein heterosexuellen Publikum aufgearbeitet. Die Ergebnisse sind dabei selten gut, manchmal, wie in diesem Fall, höchst fragwürdig. Daniel Plettenberg
Sa, 23. 10, Neues Cinema, 23.30 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen