: Topmodell für Fifa-Bosse
■ Gestern hat sich Berlin als eine von 16 deutschen Städten der Fifa als „WM-Stadt 2006“ präsentiert. Bausenator Jürgen Klemann (CDU) legt endgültiges Modell für Arena vor
Besser hätte es für die Berliner WM-2006-Bewerbung nicht kommen können. Der „Kaiser“ war dabei. Kaiserwetter gab es gestern obendrein. Und auch im vornehmen Hotel Adlon patzte niemand beim Essen. Lediglich Jürgen Klemann machte eine unglückliche Figur anlässlich des Besuchs der Stadionkommission der Fifa. Der CDU-Bausenator war total vergrippt.
Für kleine Peinlichkeiten wie das Dinner „Brandenburger Ente“ oder nationale Töne waren andere verantwortlich.
Begonnen hatte gestern der Bewerbungstag mit dem schweren Part Olympiastadion. „Kaiser“ Franz Beckenbauer, Ex-Profi Günther Netzer, Funktionäre des Deutschen Fußballbundes DFB und Bausenator Jürgen Klemann führten die Fifa-Experten in die bröckelnde Arena, in der im Sommer 2006 das WM-Finale stattfinden soll. „Wir sind gut gerüstet“, machte Klemann Mut angesichts des maroden Stadions. Die Pläne für die Modernisierung lägen auf dem Tisch, der Senat garantiere die 570 Millionen Mark teure Sanierung – „mit privaten oder öffentlichen Mitteln“.
Dem Eindruck der maroden Arena aus der Nazi-Zeit trat auch Eberhard Diepgen entgegen. Das Stadion sei eine der „außergewöhnlichsten Sportarenen der Welt“, sagte er. Das Land werde die Modernisierung bis zum Jahr 2004 abgeschlossen haben. Ob die Fifa-Inspizienten Alan Rothenberg (USA) oder Al Serkal (Vereinigte Arabische Emirate) dies glauben, wird sich im Sommer 2000 herausstellen. Dann entscheidet der Weltverband über die WM-Vergabe.
Der Visite im bröckelnden Stadion ließen die WM-Werber die Vorstellung des neuen Olympiastadions folgen. Das neue Modell, symbolträchtig präsentiert in der Dresdner Bank am Brandenburger Tor, zeigte die Arena, wie sie nach ihrer Fertigstellung einmal aussehen wird. Nach den letzten Überarbeitungen ihrer Planung sehen die Architekten Gerkan, Marg & Partner ein neues Glasdach über dem Oval vor.
Neben den 76.000 Sitzplätzen werden Behindertenränge und 98 Logen sowie neue VIP- und Presseräume entstehen. Hinzu kämen, so Klemann, 950 unterirdische Parkplätze, von denen man direkt ins Stadion gelangt.
Berlin hat wohl aus der desaströsen Olympia-2000-Bewerbung gelernt, fasste ein Mitglied der Fußball-Delegation nach dem Mittagsmahl – schwere Brandenburger Ente – und dem Videofilmchen „Berlin kickt“ den Tag zusammen. Die Stadt habe sich gut präsentiert und „mit Leidenschaft“ für sich geworben, wie der Fifa-Chef Alan Rothenberg sagte. In der Tat, großkotzig wie 1993 stellte sich die Stadt nicht vor. An Franz Beckenbauer, der das internationale Auswahlgremium im Auftrag des DFB begleitete, muss das irgendwie vorbeigegangen sein. „Wir spüren Rückenwind aus dem ganzen Land“, sagte der frühere Profi des FC Bayern und Weltmeistertrainer. „Vom Bundeskanzler bis zum kleinsten Buben“ wollten alle die WM 2006 in diesem Lande. Und nichts geht über Deutschland, sagte Kaiser Franz. Denn wenn alle Stadien fertig seien, „gibt es kein Land auf der Welt, das mit uns konkurrieren kann“. Da haben selbst ein paar Berliner dumm geguckt.
Rolf Lautenschläger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen