: Bayern wird El Dorado für Asylsuchende
■ Öffentliche Brandmarkung in Togo ist für Bremer Richter kein Abschiebehindernis / Bayerisches Gericht urteilt gegenteilig / Bremer Pastor und Menschenrechtsverein schlagen jetzt Alarm
Ist es gefährlich für oppositionelle Exil-Togoer, wenn eine regierungsnahe Zeitung in der Hauptstadt Lomé ihre Partei- und Vereins-Ausweise abdruckt? Das Verwaltungsgericht im bayrischen Ansbach ist der Auffassung: Ja. Es entschied jetzt, dass der Togoer Amissou A. wegen dieser öffentlichen Brandmarkung bei einer Rückkehr in die westafrikanische Diktatur extrem gefährdet ist. Weil „relevante subjektive Nachfluchtgründe“ vorliegen, hat A. deshalb in Bayern Anspruch auf Abschiebeschutz gemäß Paragraph 51 des Ausländergesetzes.
Bremens Verwaltungsgericht hält es dagegen für unwesentlich, dass Togos Regierung auch Daniel A. im Visier hat. Er ist im oppositionellen Verein Assoretobre in Bremen aktiv. Sein Mitglieds-Ausweis ist neben A.s Papieren und vier weiteren in der „Togo Press“ unter dem Titel „Die Führer der Opposition“ abgedruckt worden. Ein Abschiebehindernis kann der zuständige Bremer Richter darin nicht erkennen.
„Es ist schon auffallend, dass das Land Bremen, das sonst einen liberalen Ruf hat, in diesem Fall anders entscheidet als ein Gericht in Bayern“, sagt Pastor Hans Günther Sanders von der Zionsgemeinde in der Neustadt. Der Präsident des Verfassungsgerichts, Michael Stauch, betont dagegen: „Richter sind überall unabhängig, eine Entscheidung hat nichts damit zu tun, wo verhandelt wird. Und nicht jeder ähnlich anmutende Einzelfall ist vergleichbar.“ Das weiss auch Sanders, aber: „So eine Entscheidung ist immer eingebettet in ein bestimmtes politisches Klima. Ich fände es wichtig, das die politisch Verantwortlichen für das liberale Klima in Bremen eintreten.“
Damit sie dazu im Fall Daniel A. noch Gelegenheit haben, wurde es gestern eng in der Bremer Aussenstelle des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Zusammen mit Mitgliedern des Internationalen Menschenrechtsvereins und einigen Togoern begleitete Sanders den Flüchtling bei der Übergabe eines zweiten Asylfolgeantrags.
„In Togo töten Militär und Gendarmerie straflos“, warnte dabei Viraj Mendis vom Menschenrechtsverein. „Wer so offensichtlich wie die sechs in der Zeitung als Staatsfeind gilt und dort hingeschickt wird, ist in Lebensgefahr.“
Auch wenn sich Togos Diktator Eyadéma Ende Juli mit Oppositionsvertretern traf, hat sich im Land nichts geändert, sagte Bassirou A., Bremer Sprecher der Oppositionspartei PDR: „Er hat so sein Image gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft gepflegt, aber die Leute leben in Angst.“
Amnesty International hatte im Mai 1999 festgestellt: „Willkürliche Verhaftungen finden neben Morden und dem willkürlichen Verschwindenlassen durch Sicherheitskräfte unvermindert statt. Die meisten Festgenommen der letzten vier Jahre wurden einzig aufgrund des Verdachts inhaftiert, ,Rebellen' oder Mitglieder der Opposition zu sein.“ Im September-Bericht der Organisation wird diese Einschätzung erneut bestätigt.
Nach seinem Antrag muss Daniel A. nun am Montag bei der Bremer Ausländerbehörde vorsprechen. Er hofft, dort eine erneute Duldung zu bekommen, bis über seinen Asylfolgeantrag entschieden ist. Allein traut er sich aber nicht dort hin: „Denn es ist auch möglich, dass ich dort gleich in Abschiebehaft genommen werde, falls die Behörde meint, dass ich mit dem Einspruch sowieso keine Chance habe.“ Lars Reppesgaard
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