: Alte Solar-Vorurteile leben ewig
■ Sonne in Bremen oder München – der Unterschied ist minimal
Manche Vorurteile lassen sich nicht ausrotten – auch bei Solar-energie nicht. Über die Zukunft der Solarengie sprach die taz mit dem Solarberater Bernd Oei.
taz: Alternative Energien, insbesondere Solarenergie, haben mit vielen Vourteilen zu kämpfen. Was wird Ihnen da entgegen gehalten?
Oie: Die größten Vorurteile sind die betriebswirtschaftlichen und energetischen.
Können Sie die entkräften?
Betriebswirtschaftlich gesehen bedingt. Thermie Ja. Photovoltaik nein. Betriebswirtschaflichkeit ist da nach wie vor nicht gegeben. Nur durch die Fördermittel haben wir nach 20 Jahen einen Punkt erreicht.
Reicht die Sonne denn aus für Solarstrom in Bremen?
Die Energiemenge ist in Bremen nur geringfügig kleiner als zum Beispiel in München. Bei Photovoltaik bräuchte man etwa ein Quadratmeter mehr Dachfläche, um das gleiche zu erreichen. Das ist nicht mal ein ganzes Modul. Es kommt viel mehr auf das Dach, die Verschattung und die richtige Planung an.
Ein Argument ist auch: die alternativen Energien sind zu teuer.
Kohle und Öl und Atom werden konkurrenzlos billig gemacht. Wenn man das volkswirtschaftlich rechnet, und die Schäden mit einbezieht, wäre es bedeutend teurer.
Das Rechnen interessiert die meisten nicht. Sind regenerative Energien nur was für die Ökoszene?
Nein. Man muss dahin kommen Energie nicht als Ware zu betrachten. Es muss als Dienstleistung betrachtet werden, mit unterschiedlichen qualitativen Stufen. Solar-energie hat nicht die gleiche Wertigkeit wie Kohle- oder Atomstrom.
Als Verbraucher merke ich davon nichts.
Nein, als Verbraucher nicht. Aber der Weg ist ein ganz anderer. Bei Solarstrom brauche ich fünf Jahre, um die Energie wieder rauszuholen, die in die Produktion hineingesteckt wurde. Bei Kohle und Gas sind das zwischen zwölf und 20 Jahren.
Überall sinken die Strompreise. Der Verbraucher lernt auf günstigen Strom zu achten. Ist dies das Ende der Photovoltaik?
Nein, mit Sicherheit nicht. Die paar Pfennige, die jetzt runter gehen, machen den Kohl nicht fett. Die Gruppe, die nur darauf aus ist, in erster Linie Geld zu sparen, die hat sich sowie nie für Solarenergie interessiert. Es kostet halt etwas, wenn man umweltgerecht Energie nutzen will.
Außerhalb der Ökoszene wird sich Photovoltaik nicht durchsetzen?
Es wird aus der Misere, die Wirtschaftlichkeit nicht zu erreichen, so schnell nicht rauskommen. Erst wenn die Nachfrage steigt, wird das billiger. Vor fünf Jahren war Photovoltaik vier mal so teuer wie heute.
Ist im Preis nicht bald eine Grenze erreicht? Technisch ist das doch ausgereift?
Das stimmt. Viel passiert da nicht mehr. Technisch wäre eine Steigerung von sechs Prozent an Effizienz denkbar. Das wichtigste Argument sind Arbeitsplätze. Doppelt so viele Arbeitsplätze als durch Kohle oder Öl sind machbar. 1.900 Arbeitsplätze durch Photovoltaik und 7.000 durch Thermie. Wenn sich die Kapazitäten verdoppeln, davon gehen manche Potenzialstudien aus, steigen auch die Arbeitsplätze – allein für die Beratung und Serviceleistung. Bei Solarenergie geht die Richtung weg von der reinen Produktion hin zur Dienstleistung.
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