: Farmer sitzen auf Gengetreide
Von Japan über Mexiko bis Europa will niemand die Ware: Der weltweite Widerstand gegen genetisch frisierte Nahrung schlägt auf die USA zurück ■ Aus Washington Peter Tautfest
Amerikanische Farmer haben Schwierigkeiten, ihre Feldfrüchte abzusetzen. Daran sind nicht nur die guten Ernten vor allem in den USA, aber auch weltweit schuld, sondern die Tatsache, dass eine Reihe von Abnehmern amerikanischen Erzeugnissen gegenüber sehr kritisch geworden ist. Japans Bierbrauer wollen kein genetisch modifiziertes Getreide mehr annehmen. Den Anfang machte Kirin, Sapporo folgte. Beide Brauereien verwenden Mais.
Aber es kommt für Amerikas Farmer noch schlimmer: Japan, Amerikas größter Getreideimporteur, will Nahrungsmittel, die genetisch modifizierte Zutaten enthalten, entsprechend kennzeichnen. Auch die EU-Kommission empfiehlt eine Kennzeichung in bestimmten Fällen (taz vom 21. Oktober).
In Mexiko, das Mais im Wert von 500 Millionen Dollar aus den USA importiert und damit Amerikas zweitgrößter Abnehmer ist, will der größte Hersteller von Maismehl den Tortillabäckern des Landes in Zukunft nur noch Mehl aus unmodifiziertem Korn anbieten. Und Südkorea, auch ein Großimporteur amerikanischen Getreides, erwägt in Zukunft chinesisches statt amerikanisches Getreide zu importieren, um vor genetischen Modifikationen sicher zu sein. In den USA, wo genmanipulierte Nahrungsmittel bisher kein Thema waren, weisen seit dem Sommer die Firmen Gerber und Heinz, die außer Babynahrung auch Konserven aller Art herstellen, genmodifiziertes Getreide zurück.
Was machen die Getreidehändler nun mit dem goldenen Segen, den sie schon wegen der Wirtschaftskrise in Asien nur noch schwer loswerden? Hundefutter lässt sich ohne weiteres daraus auch nicht machen, denn Iams, ein Hersteller von Tiernahrung, lehnt die gleichen sieben Saaten ab, die auch die EU beanstandet. Amerikas Farmern macht zu schaffen, dass viele Getreidehändler dazu übergehen, von ihnen die Trennung ihre Ernten nach modifiziertem und konventionellem Getreide zu verlangen. Das ist für die Bauern mehr Arbeit und senkt die Preise für den genmodifizierte Teil der Ernten weiter. Die Agroindustrie experimentiert jetzt mit einem gespaltenem Markt, auf dem für konventionelles Getreide höhere Preise gezahlt werden als für genetisch manipuliertes.
1999 säten amerikanische Farmer genetisch modifiziertes Saatgut auf einer Fläche von der Größe Englands aus. Ein Drittel des Mais und jeweils die Hälfte der Soja-und der Baumwollernte kommt aus genmodifiziertem Saatgut. Verwendung finden vor allem zwei Modifikationen, eine, bei der ein Gen eingeflochten wird, das einen Insektenabwehrstoff produziert, und eine, bei der die heranwachsenden Pflanzen gegen Herbizide unempfindlich werden, wodurch höhere Dosen von Unkrautvernichtungsmitteln gespritzt werden können.
In den USA, wo es bisher keine entfaltete Bewegung gegen Genmanipulation bei Nahrungsmitteln gibt, machte allerdings diesen Sommer ein Artikel in der Fachzeitschrift Nature Schlagzeilen, der nachweist, dass die in Amerika sehr populären großen Monarch-Schmetterlinge von dem Gift betroffen sind, dass ein genmanipuliertes Maiskorn produziert. Und gegen Monsanto regte sich ein Sturm der Entrüstung, als der größte Hersteller von genmanipuliertem Saatgut die Entwicklung eines so genannten Terminatorsamens ankündigte. Der hätte zwar wie konventionelle Samen tausendfältig Frucht getragen, aber eine, die in der nächsten Saison selbst nicht mehr fruchtbar und ausgesät hätte werden können. Monsanto ließ diese Pläne fallen.
Mit Soja, Baumwollsamenöl und Mais finden genetisch modifizierte Zutaten Eingang in fast alle industriell hergestellten Lebensmittel. Aus Mais wird der Süßstoff für alle Arten von Softdrinks und Säften gewonnen, und Soja findet nicht nur in der Health-Food-Industrie Verwendung, die Tofu und Sojamilch anbietet, sondern auch in der gesamten Konservenindustrie.
Inzwischen schwappt der Widerstand gegen Lebensmittel mit genmodifizierten Zutaten aus Europa auch nach Amerika über. Am vergangenen Wochenende erschien in der New York Times eine ganzseitige Anzeige, die ein Dutzend populärer Nahrungsmittel und Küchenzutaten aufzählte, die mit genmanipulierten Zutaten hergestellt werden. Dazu gehören die in Amerika unvermeidlichen Chips sowie Cola-Getränke. Das treibt den Absatz nicht gerade nach oben
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen