piwik no script img

CDUler fordert Räume und Therapie für Drogis

■ Der CDU-Abgeordnete Claas Rohmeyer plädiert für eine neue Drogenpolitik

Justizsenator Henning Scherf hält nichts von Fixerräumen. Und wie ist das bei der CDU? In einem Interview mit der Junge-Union-Zeitschrift „Die Entscheidung“ (Oktoberausgabe) sagt selbst der Chef der Bremer CDU-Fraktion Jens Eckhoff: „Der Repressionskurs der CDU ist richtig. Aber wir müssen doch fragen, wie den Kranken geholfen werden kann. Hier hat sich die CDU einer Diskussion verschlossen.“ Trendwende bei der CDU in Sachen Drogenpolitik? Wir fragten Claas Rohmeyer, Junge Union-Kreisvorsitzender und CDU-Bürgerschaftsabgeordneter.

taz: Bremen stellt sich gerade im Repressions-Ländervergleich an die Spitze: Ein Verein soll vor Gericht gebracht werden, der einen mobilen Fixerraum aufstellte. Woanders wurde so etwas immer eingestellt. Wie sieht das inzwischen die CDU?

Claas Rohmeyer, Kreisvorsitzender der Jungen Union: Justiz-Schelte bringt in diesem Fall nichts. Aber die Frage ist, welche Richtlinien die Politik für die Zukunft vorgibt. Ich würde mir wünschen, dass neben der erforderlichen Repression in der Drogenpolitik in Zukunft mehr auf die Belange der Süchtigen, die ja durchweg Kranke sind, Rücksicht genommen wird.

Das heißt, dass es irgendwann in der Bremer CDU eine Mehrheit für Fixerräume geben könnte?

Fixerräume alleine sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Alleine führen sie nur dazu, dass die Sucht später ohne eine Einschränkung fortbesteht. Man muss den Süchtigen Therapieplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung stellen und sehen, dass die Süchtigen aus der Verelendung herauskommen. So gedacht, haben solche Räume eine Berechtigung, diskutiert und umgesetzt zu werden.

Fixerräume plus Therapieplätze kosten mehr Geld als nur Fixerräume. Woher käme das Geld?

Es geht um Menschenleben. Man darf das nicht nur vor dem Hintergrund leerer Kassen sehen. Wir hatten in Bremen immer Drogentote. Man muss einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass in den Städten, in denen Räume zur Verfügung gestellt wurden, ein Rückgang der Todeszahlen nachzuweisen ist. Selbst das konservative Baden-Württemberg sieht das inzwischen so und handelt danach. In Bremen müssen wir endlich anfangen, eine Drogenpolitik zu machen, die sich in erster Linie an den Belangen der Kranken orientiert.

Henning Scherf ist offenbar der Überzeugung, dass man Schwerstabhängige von ihrer Sucht herunterbekommt.

Das glaube ich auch. Man muss ihnen allerdings Alternativen bieten. Der erste Schritt wäre, aus der Verelendung und Beschaffungskriminalität herauszukommen: Dafür müsste man sie erstmal mit Stoff versorgen. Und dann müssen sie umgehend einen Therapieplatz angeboten bekommen, den sie dann aber auch anzunehmen haben. Ich finde, eine Zwangsentgiftung muss zumindest rechtlich und medizinisch geprüft werden.

Wenn man den Menschen eine Therapie aufzwingt, kann man davon ausgehen, dass die Rückfallquoten höher sind als derzeit und damit die Drogenpolitik teurer wird.

Ich unterstelle jedem einen Restwillen, der durch Therapie bestärkt werden kann. Man bräuchte natürlich viel mehr Therapieplätze. Außerdem muss man von Methadon wegkommen: Methadon ist ein Ersatzstoff. Bei den Schwerstabhängigen hilft Methadon nicht mehr viel. Da hilft nur noch der Stoff, den sie bisher nehmen. Für eine kurze Wartezeit – das darf sich nicht über Monate erstrecken – muss das möglich sein. Das muss unter medizinischen Gesichtspunkten diskutiert werden, ohne dass sich der Staat gleich als Dealer sieht.

Sie sind mit der Position noch Außenseiter in der Bremer CDU-Fraktion. Bleibt das so?

Die CDU ist seit der Bundestagswahl dabei, alle Positionen zu überprüfen – auch in der Drogenpolitik. Wenn wir hier in Bremen mitten im Leben stehen wollen, müssen wir uns auch mit der Drogenproblematik neu beschäftigen.

Fragen: Christoph Dowe

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen