: 99 Prozent blieben Stadtwerken treu
■ Nur 570 Bremer Haushalte wechselten zu „Yello“ / Strom-Anbieter setzen mit Erfolg auf die „geringe Wechselbereitschaft“: Nur ein Prozent wollten Strom-Tarif und Anbieter frei wählen
Es gibt eine „geringe Wechselbereitschaft“ bei den Strom-Kunden, stellt Christoph Wiegmann, Leiter des Kundenzentrums der Stadtwerke swb-Enordia, fest. Vor diesem Hintergrund sei es viel, wenn 2.500 alte Stadtwerke-Privatkunden von dem Angebot, bei den Stadtwerken zu einem günstigeren Tarif zu wechseln, Gebrauch machten. So viele verbindliche Resonanz gab es bisher auf 60.000 verschickte Briefe, mit denen die swb für ihre ab dem 1. November geltenden besonderen Tarif-Angebote warben. Die swb-Enordia ist „erfreut“ über diese Zahl, obwohl jeder Kunde mit Sondertarif erst einmal weniger Geld in der Kasse bedeutet: „Die Kunden schenken uns ihr Vertrauen“, begründet die Unternehmenssprecherin Marlene Odenbach diese betriebswirtschaftlich verblüffende Haltung, „und sie binden sich auf ein Jahr“.
Denn auf dem liberalisierten Markt geht es im Moment um den Kunden-Kauf. Den größten Erfolg auf dem Bremer Markt hat der Kölner Anbieter „Yello“ mit seiner großen Werbekampagne erreicht: 570 Kunden hat Yello von den Bremer Stadtwerken abgeworben. Für Singles ist Yello teuer, eine vierköpfige Familie kann gegenüber dem Stadtwerke-Freizeit-Angebot 10 bis 20 Mark im Monat sparen. Für 34 der Bremer Yello-Kunden wird schon ab dem 1. November der Yello-Atomstrom durchgeleitet. Für den Rest waren die Unterlagen mit der Kündigung nicht fristgerecht eingegangen, sie folgen dann zum 1. Dezember. Insgesamt 700 Kunden haben die Bremer swb-Enordia an private Konkurrenten verloren, davon 60 an Ares, 20 zur RWE, nur ein gutes Dutzend an Öko-Anbieter. Damit bezahlen immerhin 99 Prozent der Bremer 290.000 Haushalte den – seit dem 1. Oktober abgesenkten – Normaltarif.
Auch mit den abgeworbenen Kunden machen die Stadtwerke allerdings noch ihr Geschäft: Immerhin elf Pfennig „Durchleitungskosten“ pro Kilowattstunde müssen Anbieter wie Yello derzeit noch an die Konzerntochter swb-Norvia, in der die Bremer Leitungen vermarktet werden, bezahlen. Davon gehen zwar knapp fünf Pfennig als „Konzessionsabgabe“ an die Kommune. Für Billig-Lieferanten wie Yello bleibt, wenn sie von ihrem Strompreis von 19 Pfennig pro Kilowattstunde diese elf Pfennig abziehen, kaum mehr als der Gestehungspreis übrig. „Das sind Kampfangebote“, sagt denn auch die swb-Sprecherin, „um an Kunden zu kommen“.
Yello garantiert seinen 19 Pfennig-Preis für ein Jahr – was danach kommt, weiß heute niemand. Insbesondere bei Yello nicht. Das Vertriebsunternehmen ist eine Tochter der Energie-Baden-Württemberg (EnBW), an dem bisher das Land Baden-Württemberg einen Anteil von 25,2 Prozent hält. Das Land will diesen Anteil verkaufen, am gestrigen Dienstag lief die Bieter-Frist für die Staatsanteile an der EnBW ab. Der Favorit unter den Interessenten ist die staatliche französische Atomenergie-Gesellschaft „Elektricitäé de France“ (EdF). Er sei „schon in der Vergangenheit ein verlässlicher Partner“ gewesen, lobte Baden-Württembergs Finanzminister. Für das Staatsunternehmen ist nicht entscheidend, ob mit den bundesweit gewonnenen Kunden von Yello Verluste gemacht werden oder nicht, sondern welcher Unternehmenswert mit der Marke „Yello“ aufgebaut wurde. Da deutsche Anbieter in Frankreich nicht direkt tätig werden dürfen, darf der französische Anbieter auch nicht selbst auf dem deutschen Markt aktiv werden. K.W.
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