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Internationale Häftlinge hängen lassen

■ Sozialarbeiterstelle im Abschiebeknast ist ersatzlos ausgelaufen

Schon wieder gibts eine Durststrecke in der Bremer Abschiebehaft: Die befristete Stelle eines Sozialbetreuers, der den Häftlingen zwei Mal wöchentlich ihr Taschengeld von rund 13 Mark ausgab und für kleinere persönliche Einkäufe erledigte, ist ohne Ersatz ausgelaufen. Der letzte Arbeitstag des Mannes war der 31. Oktober. Der Missstand wurde offensichtlich, nachdem der Mann – anders als sonst üblich – am vergangenen Montag seine Arbeit nicht mehr versah. Der Leiter des Polizeigewahrsams, Johann Janssen, bestätigt den Ausfall. Allerdings sei gestern verspätet doch ein Einkauf erfolgt. „Ich habe angerufen“, seufzt er. Denn Ausfälle – wie zuletzt vor Heiligabend, als die Inhaftierten bis zur letzten Sekunde auf Taschengeld und Einkauf warteten – treffen die Beamten im Gewahrsam zuerst. Dies könnte künftig häufiger geschehen. Einen vollwertigen Ersatz für die Stelle gibt es nämlich nicht.

Zwar wiegelt das Sozialressort, über das die BSHG-19 Stelle bisher lief, ab. Man gehe mit der Innenbehörde davon aus, dass der bisherige Mitarbeiter des Dachverbandes für Ausländerkulturvereine (DAB), wo die BSHG-Stelle de facto angesiedelt war, weiter für die Gefangenen einkaufe, heißt es. Ehrenamtlich. Bis eine Lösung gefunden sei. Doch für die aktuelle Misere der rund 15 Abschiebehäftlinge – von denen viele länger als nur eine Woche einsitzen und oft keine Angehörigen in Deutschland haben, die ihnen etwa Zahnpasta, Zigaretten oder andere Notwendigkeiten besorgen könnten – fühlt man sich dort nicht wirklich zuständig. „Nicht mehr“, heißt es. Die Sozialbehörde sei für die Haftbetreuung vor Jahren „nur freundlicherweise eingesprungen“, habe aber das Ende der Stelle lange angekündigt. Das Innenressort, dem die Abschiebehaft unterstehe, müsse eine Lösung finden.

Dessen Sprecher, Hartmut Spiesecke, kann diese Sicht nicht ganz teilen. Schließlich handele es sich beim Taschengeld um Sozialhilfe. „Aber wir suchen eine Lösung und da ist erstmal gar nichts ausgeschlossen.“ Auch nicht, dass die Beamten im Gewahrsam das Geld auszahlen.

Die Bremer Grünen wollen diese Situation nicht sang- und klanglos akzeptieren, kündigte deren innenpolitischer Sprecher Matthias Güldner an. Ohnehin werde sich die Innendeputation am 11. November mit einem Antrag der Grünen zur Lage in Abschiebehaft befassen. Die Grünen fordern schon lange unter anderem eine qualifizierte und beständige Betreuung von Abschiebehäftlingen. ede

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