: Grüne stoppen vor dem Minenfeld
Aus dem geplanten Minenexport nach Griechenland wollen die Grünen keinen Koalitionskrach machen. Verteidigungsministerium bestätigt Verkaufsabsichten für 23 Minenwerfer und Geschosse ■ Von Hannes Koch
Berlin (taz) – Die Grünen wollen die von der Bundeswehr beabsichtigte Lieferung von Minen nach Griechenland nicht zum Streitpunkt in der Koalition machen. „Aufgrund der Koalitionsvereinbarung mit der SPD haben wir keine Handhabe“, sagte die grüne Rüstungsexpertin Angelika Beer gestern. Zwar betrachte sie das geplante Geschäft kritisch, doch werde die „Lieferung laufen“, falls Bundeswehr und griechische Armee dies wollten.
In der Koalitionsvereinbarung von 1998 heißt es, „Landminen“ sollten weltweit verboten werden. Auf Druck der SPD verstand man unter diesem Begriff jedoch nur Sprengkörper, die sich in erster Linie gegen Menschen richten. An Griechenland will die Bundeswehr dagegen Antipanzerminen verkaufen. Deswegen sieht Beer keine Möglichkeiten einzugreifen.
Das Bundesverteidigungsministerium bestätigte inzwischen den taz-Bericht von gestern zum Minenverkauf. Im Januar diesen Jahres habe die griechische Armee angefragt, ob die Bundeswehr bereit sei, aus ihren eigenen Beständen Antipanzerminen und Panzerfahrzeuge zum Abschuss der Minen zu verkaufen, erklärte Jochen Cholin, ein Sprecher von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD). „Daraufhin haben wir Griechenland 23 Minenwerfer und 36.000 Minen angeboten“, so Cholin. „Die Bundeswehr wäre bereit, diese Systeme zu exportieren.“
Nach Einschätzung des Sprechers ist bis zum Abschluss des Vertrages aber noch ein langer Weg. Von ihren insgesamt 300 Minenwerfern vom Typ „Skorpion“ will die Bundeswehr 60 verkaufen – an welche anderen Länder ausser Nato-Mitglied Griechenland, ist nicht bekannt.
Der „Skorpion“ kann bis zu 600 Antipanzerminen vom Typ AT2 verschießen, die Panzer wie den deutschen Leopord 2 zerstören, wenn sie über den Sprengkörper hinwegrollen. Die Türkei, deren Beziehungen zu Griechenland gespannt sind, interessiert sich für den Kauf von 1.000 Leopard-Panzern.
Der deutsche Initiativkreis für das Verbot von Landminen hält die Antipanzermine AT2 in Prinzip auch für eine Antipersonenmine, da sie bei Berührung durch Menschen explodieren könne. Damit fielen auch die Sprengkörper, für die sich Griechenland interessiert, unter das Ottawa-Abkommen von 1997, das Antipersonen-minen weltweit verbietet. Das Verteidigungsministerium sieht das anders: Die AT2 detoniere zwar, wenn ein Mensch sie wegtragen wolle, doch schalte sich dieser Mechanismus nach spätestens 96 Stunden automatisch ab. Weil die AT2 also nicht noch Jahre nach ihrer Verlegung Zivilpersonen verstümmeln könne, sei sie nicht als Antipersonenmine zu klassifizieren, sagte Sprecher Cholin.
Grünenpolitikerin Beer sprach sich dafür aus, dass die Bundeswehr ihre Minen verschrotten solle, anstatt sie zu exportieren. Außerdem will Beer daraufhin arbeiten, dass die AT2 als Anti-Personen-Mine eingestuft wird.
Der Frankfurter Kreis der SPD-Linken hat währenddessen einen Antrag für den SPD-Parteitag im Dezember formuliert, in dem man ein Verbot aller Landminen fordert. Sollte der Antrag jedoch angenommen werden, sei das „das achte Weltwunder“, meinte ein Sozialdemokrat gestern.
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