: London lenkt im Beef-Streit ein
Die Regierung will Bedenken gegen britisches Rindfleisch zumindest noch einmal überprüfen. Paris und Berlin halten an Beef-Embargo fest ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck
Die britische Regierung hat im Rindfleischkrieg mit Frankreich und Deutschland einen Rückzieher gemacht. Landwirtschaftsminister Nick Brown erklärte am Dienstagabend, er habe sich mit seinem französischen Kollegen Jean Glavany und dem EU-Gesundheitskommissar David Byrne darauf geeinigt, dass Experten ab morgen mit der Überprüfung von fünf Punkten beginnen: der lückenlosen Erfassung der Herkunft von Rindern und von Rindfleischprodukten, der Kontrolle und Ausschilderung der Ware sowie der Entwicklung von BSE-Tests. Was den letzten Punkt betrifft, so haben Wissenschaftler der Universität Mainz angekündigt, in drei bis sechs Monaten einen Lebendtest für den Rinderwahnsinn BSE und die verwandte Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen auf den Markt zu bringen.
Das britische Einlenken im Rindfleischkrieg kam überraschend, hatten EU-Gesundheitsexperten doch britisches Rindfleisch am vorigen Freitag für unbedenklich erklärt. Die EU hatte das Exportverbot, das wegen BSE vor drei Jahren verhängt worden war, bereits zum 1. August aufgehoben, Frankreich und Deutschland weigerten sich jedoch, dieser Entscheidung zu folgen. Im Vergleich zu Frankreich ist der deutsche Markt für britisches Rindfleisch allerdings verschwindend klein.
Die Tories beschuldigten die Labour-Regierung, gegenüber den anderen EU-Ländern wieder einmal Schwäche gezeigt zu haben, statt der britischen Landwirtschaft Priorität einzuräumen. „Die Bevölkerung wird schwer entrüstet darüber sein, dass britisches Rindfleisch noch mehr Bedingungen erfüllen muss, bevor es nach Frankreich verkauft werden darf“, sagte der Tory-Landwirtschaftsexperte Tim Yeo.
Brown verteidigte seine Entscheidung als Fortschritt. „Es ging darum, einen langwierigen Prozess zu vermeiden. Wenn das zur schnellen Aufhebung des französischen Importverbots führt, dann ist es gut.“ Premierminister Tony Blair gab Brown Recht: Er habe im Interesse Britanniens gehandelt. Jean Glavany verweigerte jedoch die Zusage, das Importverbot zu einem bestimmten Zeitpunkt aufzuheben. „Wir haben uns auf ein konstruktives Verfahren geeinigt“, sagte er lediglich. Deutschland will an seinem Einfuhrverbot erst einmal festhalten. In den Bundesländern zeichnete sich eine klare Mehrheit für die Beibehaltung des Embargos ab. Bundesgsundheitsministerin Andrea Fischer und Agrarminister Karl-Heinz Funke wollen zunächst noch „offene Fragen“ klären. Auch die EU-Kommission wollte sich nicht festlegen, wann sie ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Frankreich und Deutschland einleiten werde, sollte der Streit nicht beigelegt werden.
Die britischen Bauern reagierten erbost auf Browns Einlenken. Don Curry, der Vorsitzende des Verbands der Fleischproduzenten, sagte, die Ankündigung neuer Untersuchungen sei für die Rindfleischindustrie verwirrend und frustrierend.
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