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Hoffnungen für die Queen in Australien

Die meisten Australier wollen eine Republik, doch weil viele einen nur von Politikern gewählten Präsidenten ablehnen, hat die britische Queen gute Chancen, australisches Staatsoberhaupt zu bleiben  ■   Aus Sydney Esther Blank

Heute entscheiden die Australier in einem Referendum, ob sie nach über 200 Jahren die symbolische Nabelschnur zum ehemaligen kolonialen „Mutterland“ Großbritannien durchtrennen und in einer eigenständigen Republik leben oder die britische Queen als Staatsoberhaupt Australiens behalten wollen. Die letzten Meinungsumfragen geben den Republikanern wenig Grund zur Hoffnung: Danach wird die Mehrheit der Australier heute gegen den Wechsel von konstitutioneller Monarchie zur Republik stimmen.

Doch die meisten Australier sind keine Monarchisten. Nur neun Prozent der befragten „Republikgegner“ wollen sich nicht vom britischen Thron und der trotz zahlreicher Skandale immer noch geliebten Royal Family trennen. Vielmehr wollen fast 45 Prozent das bestehende System nicht ändern, weil es, so der australische Premierminister und überzeugte Monarchist John Howard, „funktioniert und uns gut gedient hat“. Andere werden aus reiner Unwissenheit und Angst mit „Nein“ gegen die Republik stimmen, darunter auch viele junge Menschen.

Die Diskussionen der letzten Wochen haben gezeigt, dass viele Australier ihr bisheriges Regierungssystem kaum verstehen, das sich von dem im Referendum vorgelegten republikanischen Modell nur geringfügig unterscheidet. Dieses ersetzt den auf Vorschlag des Premiers ernannten Vertreter der britischen Krone in Australien, den Generalgouverneur, durch einen Präsidenten, der mit Zweidrittelmehrheit vom australischen Parlament gewählt werden muss.

Wie der Generalgouverneur der Queen soll auch der neue Präsident weitgehend repräsentative Aufgaben übernehmen. Der Unterschied: Der Präsident ist nur dem australischen Volk, der Generalgouverneur aber auch der britischen Königin verpflichtet.

Viele Australier verstehen das republikanische Modell nicht und folgen dem Aufruf der Monarchisten, im Zweifel erst mal „Nein“ zu sagen. Und die Monarchisten haben es verstanden, tief sitzende Ängste und Unsicherheiten bei der eher konservativen Mehrheit der Australier zu schüren.

So verband die Monarchistenführerin, die Millionärstochter Kerry Jones, während der Kampagne den Begriff „Republik“ regelmäßig mit „Hitler“ und „Stalin“. Damit erreichte sie, dass vor allem Einwanderer aus osteuropäischen Staaten und Ländern wie Vietnam das Wort „Republik“ mit Schreckensherrschaft gleichsetzen.

Gleichzeitig bilden die Monarchisten eine unheilige Allianz mit radikalen Republikanern, denen das vorgelegte Modell einer Republik nicht weit genug geht. Sie fordern einen direkt gewählten Präsidenten, weil „Australien nicht eine Republik der Politiker werden soll, in denen Politiker bestimmen, wer Präsident wird“, so Industrieminister Peter Reith.

Das Bündnis der Direktwahl-Republikaner mit den Monarchisten hat die Stimmen für eine Republik gespalten: Über 60 Prozent der Australier, so die Umfragen, wollen eine Republik, aber nicht das republikanische Modell, das ihnen der konservative Premier Howard in der geschickt formulierten Referendumsfrage vorsetzt. Hätte die Frage gelautet: „Wollen Sie die britische Königin oder einen Australier als Staatsoberhaupt?“, hätte die Queen keine Chance. Diejenigen Australier, die den Zeiten nachtrauern, in denen aus England stammende Einwanderer noch unbestritten die Elite des Landes darstellten, haben sich hinter den radikalen Republikanern verstecken können.

Doch noch geben die Republikaner der „Ja“-Seite in der Referendumskampagne nicht auf. Sie haben 90.000 Mitglieder aktiviert, um bis zur letzten Minute für die „Jahrhundertentscheidung“ zu werben. Die meisten Medien, viele Intellektuelle und Geschäftsleute haben sie dabei auf ihrer Seite. Der Kritiker und Schriftsteller Robert Hughes mahnt seine Landsleute, für ein eigenes australisches Staatsoberhaupt und damit „für eine eigene australische Identität“ zu stimmen. Geschäftsleute und frühere Diplomaten warnen, dass sich ein Australien, das weiter an den Rockzipfeln der ehemaligen weißen Kolonialmacht Großbritannien hänge, bei seinen asiatischen Nachbarn lächerlich machen würde.

Doch die Verfassung stellt den Republikanern eine weitere Hürde in den Weg: Sie müssen nicht nur eine Mehrheit der Wähler für sich gewinnen, sondern auch eine Mehrheit der sechs Bundesländer. Das ist unwahrscheinlich – Südaustralien, Westaustralien und der Staat Queensland mit seinen besonders engen Beziehungen zur britischen Krone sind laut Umfragen „königintreu“.

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