: Vertreibung aus dem Paradies
Ein Vogel ward vom Schwarm verlassen,
sucht mit trübem Blicke ihn.
Unten: Taxis, kalte Straßen,
Stricher – Bahnhof Zoo, Berlin.
Kalter Windhauch im Gefieder,
Zum Schwarme findet er nicht wieder –
„So sterb ich also“, denkt er, „oh.
Aber hier? Am Bahnhof Zoo?
Andermal vielleicht, und später!“
und schwingt sich keuchend in den Äther,
der schon wolkenschwer verhangen –
gerade nochmal gutgegangen.
Das Schicksal läßt ihn weiterziehn
zum Streichelzoo im Zoo, Berlin.
Gatterquietschen: ein Gehege,
Satansbräten wimmeln rege,
(Tüten voller Kleintierfutter,
an der Hand die Übermutter)
werfen Äste auf die Ziegen,
bringen Hühner zum Erliegen,
füttern ein Schaf mit Kieselsteinen,
sind gemein auch zu den Schweinen.
Die Muttis wachen scharf am Rande
über ihre Rasselbande.
Doch da! Es fällt ein Reissack um
(in China) und vielleicht darum
macht's plötzlich hoch von oben plopf –
mitten auf den Mutterkopf.
Abgelenkt von Pflicht und Brut
vergißt sie eigen Fleisch und Blut
für ein paar Augenblicke nur...
Ein Esel geht in Positur:
Nüstern beben, Flanken schwitzen,
man sieht es weiß im Auge blitzen –
Zielgenau nimmt jenes Tier
das Kind der Mutti ins Visier
und rammt in grau verschwommner Hast
(man sieht soeben wie die lieben
Kleinen auseinanderstieben)
heftig seinen Streichelgast.
Herein bricht tosend das Gewitter.
Das Kind, gestrauchelt, liegt am Gitter.
Die Mutti: „Zetermordio!
Verklagen will ich diesen Zoo!“
und fordert außerdem, ich wette,
Leinenzwang und Lichterkette.
(Der Vogel flog noch zwei drei Runden,
hat dann zum Schwarm zurückgefunden.)
Monie Schmalz
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