: Antworten auf Letzte Fragen
Kann eine Frage falsch sein? (6. 11. 99)
Das kommt auf die Frage an: Wurde sie letzte Woche gestellt oder per Post? Fabian Rehbein,
Wuppertal
Nein, nur die Antwort zu blöde.
Uta Eichin, Waiblingen
Eine der möglichen Gegenfragen wäre: Könnte diese Frage nicht falsch sein? Und wenn sie falsch wäre, wie lässt sich das nachweisen? Oder diese Gegenfrage, umgekehrt formuliert: Kann eine Frage überhaupt wahr sein? Wäre diese eben gerade geäußerte Frage wahr? Und wenn sie wahr wäre, woran erkennt man sie als wahr? Oder eine andere Gegenfrage: Kann Falsches oder Wahres (nicht) in Frage stehen? Oder: Ist die Rede von „wahr“ und „falsch“ wahr oder falsch? Dadurch, dass man „wahr“ und „falsch“ nur als Eigenschaften bzw. Merkmale des Aussagekerns (= Proposition) von Fragen zulässt bzw. umgekehrt für Fragen nur die verallgemeinerten Eigenschaften bzw. Merkmale „gelungen“ (= geglückt) und „misslungen“ (= missglückt), verschiebt sich das Problem nämlich nur. Der Tübinger, später Hallenser Philosoph Hans Vaihinger hat schon Ende vorigen Jahrhunderts gezeigt, dass „wahr“ und „falsch“ antonyme (= gegensatzpaarige) Fiktionen sind, genauer: Umwege zu (Schein-)Lösungen, die es nur verdienen, probeweise und das heißt: jederzeit revidierbar als handlungsrelevant behandelt zu werden. Wer diese Fiktionen außer Frage stellt = unverrückbar an sie glaubt = als „Fakten“ oder „ewige Wahrheiten“ zur Grundlage seines Handelns macht, bewegt sich gerade auf dem Abweg von der „Wahrheit“, um die es ihm angeblich geht. Mehr dazu in: Gérard Simenon, „Dieser Text ist eine Fälschung“, Tübingen 1997.
Gerd Simon, Tübingen
Im Prinzip nein. Lediglich die Antwort der solchen.
Marc Böhmann, Heidelberg
Viele zwischenmenschliche Fragen sind keine reinen Fragen, also nicht rein in dem Sinne, dass sie „nichts außer der Wahrheit“ auf die Sprünge helfen wollen. Stattdessen dienen sie anderen Zwecken, sind Machtmittel, Selbstdarstellungen, Gefühletöter oder einfach die Langeweile vertreiben wollender aber gleichzeitig fördernder Kommunikationsmüll. Es sind soziale Handlungen, die sich unbewusst oder mit voller Absicht als Fragen tarnen. Meistens wird in ihrer Folge nicht der Inhalt der Frage geklärt, sondern die soziale Kompetenz der Fragesteller. Eine kleine Auswahl:
1. Die „naive“ Frage „Schläfst du schon?“ bleibt deswegen häufig unbeantwortet, weil der oder die Angesprochene entweder tatsächlich oder halt vorgeblich schlummert. Je nach Beziehungssituation sind oft Bemerkungen wie „Wenn du schläfst, siehst du besonders süß aus!“ oder „Schön! Dann kann ich ja noch kurz in meine Stammkneipe!“ geeigneter.
2. Die „scheinbare“ Wissensfrage zielt manchmal lediglich auf die Aufdeckung einer Charaktereigenschaft ab. A: „Was meinst du, wie das Wetter morgen wird?“ – B: „Ich weiß es nicht, habe darüber noch keine Informationen.“ – A: „Warum kannst du nicht einfach bloß mal eine Meinung haben?!“
3. Die „Lieblingsfrage der Inquisitoren“: „Haben Sie aufgehört, Ihre Frau zu schlagen?“
4. Die „demagogische“ Fragestellung, die den Andersdenkenden erst einmal als dumm, bösartig etc. in eine Randstellung bringt, aus der er nur gegen großen emotionalen Widerstand herauskommt: „Wir alle wissen doch/sind doch der Ansicht, dass . . .?“, „Ich kann doch wohl davon ausgehen, dass . . .?“
H. Steih
Die Frage ist im Grunde falsch, denn es gibt eindeutig falsche Fragen (und Fragen sind falsch, wenn sie die Antwort beinhalten; na ja, zumindest sind es dann blöde Fragen, oder aber rhetorische, und das sind eigentlich keine Fragen, nur Aussagen in Frageform). Dies zeigt sich an einer Frage, die nicht nur eindeutig falsch ist, sondern falscher, und so auch gleichzeitig die richtige Letzte Frage aufwirft: Gibt es eine falschere Frage als „Wie war ich, Baby?“?
Jörg Meindl, Heidelberg
Eine Frage kann einerseits a) unsinnig sein („Welche Farbe hat Strom?“) oder b) von falschen Prämissen ausgehen („Warum sind Männer cooler als Frauen?“). Andererseits gilt prinzipiell: „Wer nicht fragt, bleibt dumm.“ Insofern ist die Frage falsch gestellt.
Rüdiger Haude
Eine alte Volksweisheit besagt: „Es gibt keine dummen Fragen, es gibt nur dumme Antworten.“ Vorausgesetzt, dass diese Antwort richtig ist, war die oben gestellte Frage falsch. Schon in Douglas Adams' „Per Anhalter durch die Galaxis“ wurde erläutert, dass die in sehr langer Zeit berechnete, letzte und unwiderrufliche Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und einfach allem „42“ ist. Dabei stellte sich das Problem, was die richtige Frage war. Nun gibt es sehr viele falsche Fragen für die richtige Antwort. Daher stellt sich eine neue Frage: „Gibt es zu jeder Antwort eine richtige Frage? Und wenn ja, wie lautet sie?“
Markus Ottensmann
*
Um wie viel nimmt man/frau maximal zu, wenn er/sie 1 Kilo Gummibärchen verzehrt? (6. 11. 99)
Er/sie nimmt genau 1.000 Stück zu sich. Wie viel das in Kilogramm ist, weiß aber nur Gottschalk.
Manuel Keitsch, Wiesbaden
Zunächst beträgt die Gewichtszunahme präzise 1 Kilogramm Masse (MG). Betrachten wir die Veränderung im Körper von ihm/ihr, so müssen folgende Bedingungen berücksichtigt werden:
a) Der Körper verbraucht Energie bei der Nahrungsaufnahme, d. h. Gewichtsverlust (Größe XE).
b) Außer einer gewissen Energieabgabe scheidet der Körper auch noch Wasser aus, z. B. schwitzt er beim Essen (Größe XW). Dieser Wasserverlust wird gummibärchenbedingt ausgeglichen.
c) Die durch die Gummibärchen zugeführte Stoffmenge (Kohlehydrate, Wasser, Farbstoffe, Fette, Reststoffe) wird im Organismus nicht vollständig umgesetzt. Ein Teil wird im Organismus „eingelagert“ (Größe XL), ein anderer Teil sofort „verbraucht“ (XO), und ein gewisser Rest wird ausgeschieden (XZ).
d) Abschließend muss berücksichtigt werden, dass jeder Körper individuell den Stoffumsatz im Organismus steuert (Faktor I, mit 0 ‚ I ‚ 1). Daraus ergibt sich eine Formel zur Berechnung der tatsächlichen Massenzunahme (M): M = MG – XE – XW + XL – XO – XZ. Wobei gilt: XL ‘ XE + XW + XO + XZ.
Steffen Sachtleber, Berlin
Wetten, dass er/sie um ein Kilo süßer wird?
Matthias Weiglein, Würzburg
*
Woher kommt die Bezeichnung Biberbettwäsche? (6. 11. 99)
Bekanntlich wird oben angesprochene Bettwäsche in der kalten Jahreszeit über die Betten gezogen, weil sie wärmer ist als die Baumwollbettwäsche. Deshalb heißt sie auch nicht Biberbettwäsche, sondern Bibberbettwäsche, weil man im Winter vor Kälte bibbernd ins Bett geht. Im Zuge der Rechtschreibreform sollte sich die Schreibweise dieses Wortes also schleuningst ändern.
Ingrid Lampe, Kempen
*
Warum bleiben die Leute, wenn sie eine Rolltreppe hochlaufen, immer kurz vor dem Ende stehen? (30. 10. 99)
Wenn sie kurz vor ihrem Anfang stehen blieben, kämen sie nicht weit.
Sven Gareis, Nürnberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen