piwik no script img

Hafen und Hängematten

Wirtschaftssenator Thomas Mirow und Samson reden von Mann zu Mann. Über Hafen, Spielen im Rathaus und per Du  ■ Von Sandra Wilsdorf

Es gibt Fragen, auf die weiß nicht einmal Wirtschaftssenator Thomas Mirow eine Antwort. Jüngstes Beispiel war die von Samson, was denn Politiker den ganzen Tag im Rathaus machten, wo sie doch gar keine Spielzimmer hätten. „Hmmh“, wusste der Herr Senator nur zu sagen und den Kopf zu wiegen, dachte vielleicht: „Oh Samson, wenn Du wüsstest“. Oder: „Ein weites Feld“. Oder er wusste einfach keine Antwort, denn er versprach: „Ich muss mich drum kümmern, dass wir Spielzimmer bekommen“. Samson war zufrieden.

Mirow auch. Erstens, weil Samson, Ernie, Bert, Grobi, Benny und Graf Zahl gestern im Rathaus zu Besuch waren, und weil Mirow viel zu höflich ist, um Besucher zu enttäuschen. Auch wenn die nur zu einem Werbeauftritt für das neue Sesamstraßen Musical „1-2-3-Wir träumen“ zu ihm kommen. Zweitens aber ist Mirow wirklich an Samsons Freundschaft gelegen. „Samson ist doch der Star“, sagt er schon vor der Ankunft der Sesamstraßen-Bewohner. Doch während die anwesenden Kinder auf dem Boden liegen, unter der Tür durchlugen und „Bei Gott, ich habe Samson gesehen“ rufen, wippt Mirow nur von einem Fuß auf den anderen.

Samson habe er am liebsten, sagt Mirow. Der sei so groß, so nett, so gutmütig. Parallelen zu sich selbst will er darin natürlich nicht sehen. Und dann kommen Samson und seine Sesamstraßen-Kumpels endlich. Die Kinder werden umarmt. Mirow nicht. Er macht Konversation mit Samson. Herzlich willkommen, wie die Reise war und so. Gleich per Du. Mirow ist froh: Samson mag das Rathaus, „weil die Decken schön hoch sind“.

„Ziemlich kalt heute, was?“ Stimmt, so kalt, dass Samson nicht draußen in seiner Hängematte schlafen konnte. „Schläfst Du auch in der Hängematte?“ Der Senator schüttelt den Kopf, fummelt verlegen an der Sesamstraßen-Kette, die Samson ihm geschenkt hat, überlegt, wie er Samson beeindrucken kann. „Warst Du schon im Hafen?“ Da kennt Mirow sich besser aus als mit Hängematten. Samson macht ihm die Freude: „Hmmh, schönen Hafen habt Ihr hier.“

Mirow singt ein bisschen „Wer, wie, was, wieso, weshalb warum, wer nicht fragt, bleibt dumm.“ Aber die zweite Strophe weiß er nicht. Und auf die Frage „Kuckst Du immer Sesamstraße“ muss er sagen „Nö, da bin ich noch nicht zu Hause“. Schade, Herr Senator, so gewinnt man keine Freunde. Deshalb kommt noch mal der Hafen. „Ich kümmere mich hier um die Wirtschaft, weißt Du. Auch um den Hafen.“ Der Beginn einer Männerfreundschaft. Am Ende sagt Samson zu Mirow: „Du bist nett.“ Und Mirow zu Samson: „Du auch.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen