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Grüne Querköpfe in ihrer Art

■ Die Gründungs-Grünen wollten die Hollerland-Bebauung, die Stadtautobahn und die Daimler-Ansiedlung verhindern und insbesondere Mensch und Natur nicht nur als Objekt begreifen

Von den „Gründern“ der Grünen in Bremen sind heute vor allem noch zwei „dabei“: Jörn Hansen, der Mitarbeiter im Büro, und Christine Bernbacher, die langjährige Abgeordnete. Unterschiedlicher könnten die Typen nicht sein, aber beide haben doch eines gemeinsam: Sie sind Querköpfe in ihrer Art. Jörn Hansen hat das Büro „Am Wall“ der ersten Bremer Grünen Liste eingerichtet, aber an diese Vorgeschichte möchte er nicht gern erinnern. Zu schmerzhaft die Enttäuschungen durch die anderen Querköpfe der „Bremer Grünen Liste“, die übrigens in der heißen Phase der inner-grünen Machtkämpfe – ökologisch, basisdemokratisch, sozial, gewaltfrei – nachts die Schlösser austauschten, damit solche Typen wie Jörn Hansen und Christine Bernbacher nicht mehr ins Büro kamen. Für Hansen ist heute noch der Geburtstag der grünen Fraktion das Jahr 1983, die Niederlage der „Bremer Grünen Liste“.

Christine Bernbacher hatte 1979 noch für Axel Adamietz Platz auf der Liste gemacht – für den Wahlerfolg brauchte man einen Vertreter der „Linken“, sagt sie heute. Die „Alternativen Listen“ hatten in den Städten damals deutlich höhere Ergebnisse als die „rein grünen“ Listen. 1983, bei der ersten „richtigen“ grünen Bürgerschaftsfraktion, war sie dann dabei und weigerte sich starrsinnig, auszuscheiden, als das „Rotationsprinzip“ nach zwei Jahren praktiziert werden sollte.

„Der Kampf gegen das Atomprogramm der Bundesregierung und der Konzerne ist der aktivste und wichtigste Ausdruck einer Bewegung, die sich immer umfassender um die Zustände kümmert, in denen wir leben“, schrieb die Bremer Grüne Liste 1979 in ihr Wahlprogramm. Die Grünen wollten damals „kein wohlformuliertes Programm mit schönen Worten zu jeder Einzelfrage“ vorlegen, sondern nur eine „Grundposition“. Papier ist geduldig, war die Begründung, entscheidend seien aber nicht die Worte, sondern die Taten. „Und darum geht es heute“, stand dann doch da, „den Fortschritt nicht darin zu sehen, immer mehr Technologie, immer mehr Wachstum, immer mehr Profite in die Bilanzen schreiben zu können, sondern darin, den Menschen wieder in den Mittelpunkt der gesellschaftlichen Entwicklung zu rücken.“

Die Grünen stritten nicht nur gegen die Ansiedlung von Daimler Benz in Hemelingen („den Widerstand gegen die Opferung des Bremer Ostens aufnehmen“), sondern auch gegen eine Reihe nach wie vor aktueller Themen: „Hollerland – verhindern, dass die Neue Heimat auf landschaftlich schützenswertem Gebiet eine sinnlose Trabantenstadt errichtet“. Oder: „A 5 - eine Autobahntrasse quer durch den Südteil Bremens verhindern“.

Ihre Erfolge hatten die Grünen damals aber auch wegen der vertretenen „Gundpositionen“. Bundesweit in der Grünen-Zeitung dokumentiert wurde eine Rede von Peter Willers in der Bürgerschaft, in der er den anderen Parteien sagte: „Bislang wird in unserer Industriegesellschaft so gewirtschaftet, produziert und konsumiert, als ob man Natur, Umwelt und soziale Beziehungen unbegrenzt belasten könne. Wir haben in die sich gegenseitig weiterentwickelnden und regulierenden Regelkreise der Natur brutal eingegriffen und sie z.T. zerstört. Diese Zerstörung geht seit Beginn der Industrialisierung mit atemberaubendem Tempo vor sich.“ Die Quintessenz der Philosophie, vorgetragen im Parlament am 12.12.1979: „Diese Art des Wirtschaftens ist zutiefst destruktiv, weil sie Mensch und Natur nur als Objekt begreift.“ K.W.

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