piwik no script img

Kosovo-albanischer Nationalismus

betr.: „Keiner schaut noch hin“, taz vom 11. 11. 99

[...] Ich kann den Anmerkungen von Paul Hockenos zum kosovo-albanischen Nationalismus nur beipflichten. Der Nationalismus der Kosovo-Albaner hatte sich seit langem und nicht erst seit der verfassungswidrigen Aufhebung der Autonomie des Kosovo 1989 radikalisiert. Dies ist aus historischen Gründen, der permanenten Diskriminierung seit der Eroberung durch Serbien 1912, durchaus erklärbar.

Der Exodus der Serben aus dem Kosovo in den 70er- und 80er-Jahren wurde auch durch den albanischen Nationalismus, der zu einer weitgehenden Albanisierung des Kosovo geführt hatte, verursacht. Dieser Exodus war dann Anlass zum Ausbruch der serbischen nationalistischen Hysterie („Genozid an den Serben im Kosovo“) ab Mitte der 80er-Jahre und einer maßlosen albanischen Propaganda. Hinzu kam die Wirtschaftsmisere im Kosovo, die allerdings zur Auswanderung von Serben wie Albanern führte. [...]

Die Zahl der Mischehen im Kosovo war verglichen mit Bosnien immer gering. Es ist ein schlechtes Zeichen für die Entwicklung einer Zivilgesellschaft im Kosovo, wenn jetzt neben Serben und Roma auch die Serbisch sprechenden Minderheiten der Goranci und Bosniaken unter einen Vertreibungsdruck im Kosovo geraten, aber auch die wenigen verbliebenen Mischehen.

[...] Mit der Ablehnung der serbischen Sprache und teilweise auch des Mazedonischen in der Repbulik Mazedonien erweisen sich die Albaner einen Bärendienst. Es sind die Sprachen ihrer Nachbarn, neben denen sie auch in Zukunft leben und mit denen sie zusammenarbeiten müssen. Es ist eines der Hauptanliegen des Stabilitätspakts, durch die Wiederbelebung und Entwicklung der regionalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit Südosteuropa zu Wohlstand und Frieden zu verhelfen. Dazu bedarf es des Austausches und der Kommunikation der Staaten und Regionen untereinander. Albanisch ist eine der kleinen und schwer zu erlernenden Sprachen in Europa, wie zum Beispiel auch Ungarisch und Finnisch. Daher bemühen sich Ungarn und Finnen auch besonders um das Erlernen von Sprachen. An ihnen sollten sich die Kosovo-Albaner ein Beispiel nehmen.

Gudrun Steinacker, Bonn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen