piwik no script img

Querspalte

■ Pats Reiseabenteuer

Wir redeten über Geschichtslehrerinnen im richtigen Leben und im Quatschfilm, der ja jetzt nicht mehr „Tötet Mrs. Tingle“, sondern „Rettet Mrs. Tingle!“ heißt, nachdem man in Amerika „Teaching Mrs. Tingle“ als Kehrwert von „Killing Mrs. Tingle“ errechnet hatte. Ich wunderte mich darüber, dass beide Pädagoginnen einander beinahe begegnet wären, und sprach bedeutsam: „Ich weiß, das klingt jetzt blöd, aber ich sag's trotzdem: „So was hat es bei uns früher nicht gegeben.“ Mein Telefonpartner schwieg. Ich lauschte und sagte dann kokett: „Vielleicht werde ich ja alt.“ „Könnte sein“, antwortete er sanft. Na ja, meine Feststellung war wirklich präsenil. Aber auch wahrhaftig.

Ach, wenn es das eigentümliche Ost-Comic-Heftchen Atze nur noch gäbe! Unter den naiven Bildchen von „Pats Reiseabenteuern“ aus vergangener Zeit hatten sie dort immer wissen wollen: „Was gab es damals noch nicht?“ Zu dieser Preisfrage könnte man heuer den Wanderburschen Pat in eine beliebige Oberschule von 1973 schicken und ihn am Tatort ein Stilett aus dem Lehrkörper zupfen lassen. Dieses Rätsel würde wohl jeder Atze-Leser herausbekommen. Sag ich doch. Wir waren ganz lieb. Wenn unsere Erzieher mal 22 Löcher im Bauch hatten, dann nur, weil die von uns hineingefragt worden waren.

Okay, Susanne schnitzte im Schulhort mit einem Taschenmesser an meinen Ohrläppchen herum. Na gut, meine Deutschlehrerin wurde vor aufgeklappter Tafel „alte Waldhexe“ gescholten, einer anderen flog die Klobürste entgegen. Aber da war kein Film „Bewerft Frau Werner mit Sanitärbedarf!“, den wir haftbar machen und in „Schenkt Frau Werner besseres Parfüm!“ umbenennen konnten. Zum Dank für unsere Menschlichkeit riss unser Sportinstrukteur einem Schüler brutal ein Büschel Haare aus. Das traut er sich heute nicht mehr. André Mielke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen