Ex-Innensenator Ralf H. Borttscheller gumzt rum

■ Anwalt klagt wegen Leserbrief im Weser Kurier, der Pipi-Affäre herauf beschwört

Immer auf die Kleinen: Ex-Innesenator Ralf H. Borttscheller hat bei der Staatsanwaltschaft wegen eines Leserbriefs im Weser Kurier Klage eingereicht. Am 8. November war der Brief von Ewald Gumz erschienen, Anlass war das Auftreten Borttschellers als Anwalt des Schaustellers Klaus Renoldi. Unter der Überschrift „Kein unbeschriebenes Blatt“ schrieb Gumz: „Und dann wurde er (Borttscheller, d. Red.) doch mal von den ,eigenen' Polizisten nächtlich an einer Baustellenabsperrung in alkoholisiertem Zustand aufgegriffen, vielleicht beim Urinieren gestört.“ Offensichtlich hat Gumz dabei Borttscheller mit den Fraktionschefs der CDU und SPD sowie mit dem Bürgerschaftspräsidenten verwechselt, die 1996 in einer so kompromittierenden Situation erwischt worden waren.

Borttscheller sieht sich nun durch eine falsche Tatsachenbehauptung verleumdet. Bei der Staatsanwaltschaft ging eine Anzeige sowohl gegen Gumz als auch gegen den verantwortlichen Redakteur beim WK ein. Denn für den Inhalt von Leserbriefen bleiben die Redaktionen verantwortlich.

Im WK übrigens kam Bortscheller in letzter Zeit im Vergleich zu früher eher schlecht weg: Dass der Ex-Senator den Schausteller Renoldi (verurteilt wegen Anstiftung zum versuchten Mord) verteidigte, hatte die Zeitung einen „Dienst unter Freunden“ genannt. Auch die taz berichtete von Borttschellers Einsatz zu Dienstzeiten als Innensenator für seinen Duz-Freund. Renoldi sollte 1998 die lukrative Konzession für verschiedene Freimarkts-Aktivitäten entzogen bekommen, weil die Kripo gegen ihn ermittelte. Doch im Innenressort hatte man anders entschieden.

Auch von den „Kassiber-Diensten“ Borttschellers für Renoldi hatte dietaz berichtet: Bortscheller hatte dem inzwischen einsitzenden Renoldi einen Briefumschlag übergeben, in dem sich Freimarkt-Gutscheine im Wert von mehr als 500 Mark befanden, die Renoldi an einen Gefängniswärter weitergegeben hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelte kurzzeitig wegen Verdacht auf Beihilfe zur Begünstigung; inzwischen wurden die Ermittlungen eingestellt. Gegen diese Presseberichte hatte Borttscheller – anders als bei Gumz – nicht geklagt. cd