: WK rudert rückwärts
■ Ewald G. ist in Pipi-Affäre „ein Fehler unterlaufen“ / Immer auf die Kleinen, Teil 2
Gestern versteckte der Weser-Kurier auf seiner Leserbrief-Seite eine Entschuldigung im Fall Ewald G.: „Leider“ sei dem Leser „ein Fehler unterlaufen“. G. hatte am 8. November in einem Leserbrief behauptet, der ehemalige Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) sei von seinen eigenen Sicherheitsbeamten alkoholisiert auf einer Baustelle angetroffen worden. „Unser Leser irrt“, sagt die Leserbriefseite: „In den Vorfall war nicht Herr Borttscheller verwickelt, sondern es handelte sich um 2 andere Bremer Politiker.“
Die Entschuldigung kommt, wie die ta* gestern berichtete, reichlich spät: Ex-Innensenator Borttscheller hat nämlich mittlerweile sowohl Klage gegen Herrn G. als auch gegen den verantwortlichen Redakteur eingereicht: „Verleumdung“ ist der Vorwurf.
Doch nun ist der Weser-Kurier auf die Linie des Innensenators eingeschwenkt. Motto: Immer auf die Kleinen. Damit wird Ungemach von sich selbst ferngehalten, oder? Auf die ta*-Frage, ob es der Wahrheit entspräche, dass beim Weser Kurier ausnahmslos jeder Leserbrief vor Erscheinen von der Chefredaktion gelesen werde, antwortet Chefredakteur Volker Weise nach einer Künstlerpause trocken: „Richtig“. Auch in G.'s Fall? „Richtig“. Auf wessen Kappe nun also die Veröffentlichung des Briefes mit vermeintlich strafbarem Inhalt gehe? „Auf niemandes Kappe“.
Auch auf Doris Bettmann, die nette Frau am Leser-Telefon, verantwortlich für die Seite, fällt kein dunkler Schatten: Am 8. November war sie im Urlaub.
Armer Herr G.! Nun bleibt tatsächlich alles an ihm kleben. Das Hausblatt lässt ihn im Stich. Einen ehemaligen Innensenator, Rechtsanwalt im Beruf, auf der Pelle. Die Bremer Staatsanwaltschaft auch. G. hat Ärger.
Auch in einem anderen Verfahren übrigens steht G. knapp vor dem Aus: Als Chef der Seniorenpartei „Die Grauen“ stritt er Anfang der Woche vor dem Wahlprüfungsausschuss gegen Landeswahlleiter Dieter Matthey. G.'s Partei war nicht bei den Bürgerschaftswahlen angetreten. G. reklamierte eine Unrechtbehandlung kleiner Parteien durch die Wahlordnung. In welchem Haus hat Matthey sein Büro? Beim Innensenator. Wer war Innensenator, als „Die Grauen“ beschlossen, nicht tsu kandidieren ? Richtig. Nur eine einfache Arbeitshypothese? Auch richtig. cd
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