: Musik aus – Nase gebrochen
■ Ordnungskräfte in Grün beendeten am vergangenen Wochende wegen Ruhestörung eine Party. Eine Verhaftete wurde anschließend von Beamten auf der Wache schwer verwundet
Die Ordnungshüter in Grün gehen weiter kräftig gegen fröhlich Feiernde vor. Wie nun erst bekannt wurde, misshandelten Sicherheitsbeamte am frühen Sonntagmorgen die 24-jährige Studentin M. in der Wache in der Friesenstraße. Sie war auf einer Party in der Reichenberger Straße festgenommen worden, die vorher von Beamten wegen Ruhestöhrung beendet worden war.
M. wurde die Nase gebrochen, ihr Körper ist von vielen Blutergüssen und Prellungen übersät, wie ihr die behandelnden Doktoren im Krankenhaus nach ihrer Freilassung attestierten.
Die Betroffene schildert den Ablauf so: Mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt, wurde sie auf dem Gelände der Wache aus dem Mannschaftswagen geschubst. Auf ihre Vorhaltung „seien Sie mal vorsichtig“ wurde sie gegen eine Tür gestoßen, wobei ihre Nase brach und sie blutend hinfiel. Die schubsenden Beamten fuhren wenig später vom Gelände.
Erst auf mehrmalige Bitten wurden M. die Handschellen abgenommen und ihr ein Taschentuch gereicht. Eine den Vorfall beobachtende Beamtin geriet in Erklärungsnöte, als die Studentin ihren Namen für eine mögliche Aussage haben wollte. Es käme schon mal vor, dass einer hinfalle, sagte sie. Eine Stunde später wurde M. freigelassen.
Aus der Pressetelle der Ordnungshüter hieß es auf Nachfrage, dass von M.s Wunden nichts bekannt sei.
Schon der Anfang der nächtlichen Aktion bleibt undurchsichtig. Bei der Party mit 200 Gästen in einem Hinterhaus der Reichenberger Straße gab es gegen drei Uhr eine Beschwerde wegen lauter Musik. Streifenbeamte kamen, woraufhin die Musik leiser gestellt wurde, wie Partygäste berichten. Dennoch holten die im Doppelpack erschienenen Beamten Verstärkung. Im Bericht der Ordnungskräfte heißt es später, eine grölende Menge habe sie bedrängt und beleidigt. Die weiteren Ereignisse schildern die Feiernden wie folgt: Über 50 Beamte in voller Kampfmontur sammeln sich vor dem Haus und im Hinterhof. Die Musik ist längst ausgestellt, mehrere Feiernde verhandeln auf dem Hof mit dem diensthabenden Wachleiter. Dieser sieht auch fast ein, dass keine Musik mehr hörbar ist. Dennoch will ein anderer leitender Beamter die Haustür mit einer Axt aufbrechen. In dem offensichtlichen Befehlsgerangel habe der erste leitende Beamte hilflos gewirkt.
Der Mann mit der Axt wird gestoppt, indem die BewohnerInnen die Tür öffnen. Etwa 12 Behelmte stürmen hinein, schlagen auf Partygäste ein, kommen aber im engen Flur durch die Menge nicht weiter. Wenige Minuten später wird die Aktion abgebrochen. Einem Gast wird knapp unterhalb des Auges eine tiefe Wunde geschlagen, während M. festgenommen wird.
Nach Angaben der Ordnungshüter hatte M. einen Beamten getreten und geschlagen. Das wurde als Widerstand gegen die Staatsgewalt gewertet.
M.s Anwältin beantragte gestern die Strafverfolgung der beteiligten Beamten. Auch gegen eine Doktorin der Ordnungskräfte soll wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt werden. Sie soll die Verwundete in der Wache ignoriert haben. Bernhard Hummel
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen