: Viel Aufregung um ein kleines viereckiges Papierchen
■ Im Kosovo tun sich UN und Postbehörde schwer damit, Briefmarken herauszugeben
Priština (AFP) – Es geht nur um einige Quadratzentimeter Papier. Aber im Kosovo kann die Entscheidung, wie eine Briefmarke aussehen soll, auch fünf Monate nach Kriegsende noch immer zur Grundsatzfrage werden. Als gäbe es in der zerstörten Provinz nichts Wichtigeres zu tun, beschäftigt sich die UN-Mission (Unmik) nun schon seit Wochen damit, in welcher Sprache und mit welchem Logo die Marke bedruckt werden soll. Ansprechpartner für die UN-Verwalter ist die Post- und Telekommunikationsbehörde des Kosovo (PTK) in Priština. Leicht, das haben alle Beteiligten mittlerweile bemerkt, ist eine solche Entscheidung nicht.
Dabei sollte eigentlich alles klar sein. Nach der vom UN-Sicherheitsrat verabschiedeten Resolution 1244 wird die ehemalige Kriegsprovinz von der Unmik verwaltet. Also muss auf jeden Fall die Bezeichnung der UN-Mission auf der Marke stehen. Doch in welcher Sprache? Die UN-Verwalter unter Leitung des Franzosen Kouchner schlugen der Kosovo-Post zwei Möglichkeiten vor: Entweder Englisch, weil dies die meistbenutzte Sprache der UN ist, oder Französisch, weil der 1874 gegründete Weltpostverein in dieser Sprache kommuniziert.
Die Kosovo-Postbehörde hätte lieber nur einen albanischen Aufdruck gehabt, entschied sich schließlich aber für die englische Variante „United Nations Interim Mission in Kosovo“ (UN-Übergangsmission im Kosovo), gefolgt von Übersetzungen in Albanisch und Serbisch. „Eine Menge Wörter für eine kleine Briefmarke“, stellt PTK-Direktor Agron Dida zutreffend fest.
Der Kosovo-Albaner hätte es lieber gesehen, wenn nur „UN Administration in Kosovo“ (UN-Verwaltung im Kosovo) auf der Marke steht, weil auf diese Weise die Eigenständigkeit des Kosovo besser hervorgehoben werde. Resolution 1244 sieht den Kosovo jedoch weiter eindeutig als jugoslawische Provinz an.
Dies wird nicht die letzte Schwierigkeit sein. Eine Entscheidung über die Motive steht noch aus. Und wenn das geklärt ist, muss sich die Kosovo-Post mit dem Adressproblem beschäftigen. Amtliche Straßennamen gibt es in der Provinz nicht mehr, sie wurden im Laufe der Jahre immer wieder verändert. Die Briefträger werden noch geraume Zeit Mühe haben, die Post zuzustellen, egal, wie die Marken aussehen.
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