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„Huch, ist ja arschlang geworden!“

■ Statt Passport einmal Klaus Doldinger unplugged: Der Saxophonist spielte im KITO mit seiner „New York Band“

Für den Mann ist der Jazz schon längst nur noch ein Hobby. Auf die Verkaufszahlen seiner Platten braucht Klaus Doldinger nicht zu achten, sein Geld verdient er mit Filmmusiken und beim Fernsehen. Mehr zum Spaß leistet sich der Saxophonist noch eine Band – vor anderthalb Jahren war er mit einer Neuauflage seines scheinbar ewig gültigen „Passport“s im KITO, und am Mittwoch abend stellte er seine akustisch spielende „New York Band“ vor. Mit ihr nahm er vor einem Jahr eine Platte auf, und jetzt holte er sie für eine kleine Tournee mit nur fünf Auftritten nach Deutschland.

Dass es ihm Spass macht, merkte man gleich von Anfang an bei diesem natürlich ausverkauften Konzert, das vor einem sehr gesetzt wirkenden Publikum statt fand. Doldinger hat sich ein paar wirkliche Perlen aus der New Yorker Jazzszene gepickt.

Eine große Gelassenheit prägte den ganzen Auftritt. Doldinger braucht schon lange nichts mehr auf der Bühne zu beweisen. Und so ließ er seinen Mitspielern so viel Freiräume, dass er nach dem ersten Set selber ganz erstaunt feststellte, dieser sei ja „arschlang“ geworden.

Beim Auftritt herrschte eine ausnehmend freundliche und ausgeruhte Atmosphäre: Doldinger plauderte gerne ein wenig zwischen den Stücken. Seine Soli wirkten zugleich so abgeklärt und frisch, dass man sich voller Vertrauen in sie hineinfallen lassen konnte. Und die jungen New Yorker brachten genau soviele frische Impulse ins Spiel, dass das Konzert immer interessant blieb.

Stephan Harris war auf seinem Vibraphon sicher die Überraschung des Abends. Denn er spielte es zugleich so melodisch und schwarz, wie es vor ihm nur Bobby Hutcherson gelang. Pianist Kevin Hayes entpuppte sich als etwas verträumter Romantiker, dessen Ton gut zu Doldingers süffigen Kompositionen passte. Und Bassist Ira Coleman überzeugte durch einen sehr erdig, organischen Sound.

Fast könnte man meinen, Doldinger verstehe seine Band (wie ja auch schon die vielen verschiedenen Passports) als Talentschmiede, aber dann hätte er sich wohl auch einen jungen Drummer geholt. Statt dessen spielte der alte Hase Don Alias das Schlagzeug und die Congas. Und an Doldingers Gesicht konnte man genau ablesen, wie gut ihm dessen subtile Rhythmuswechsel gefielen. Das Publikum hörte ein bemerkenswertes Konzert. Wilfried Hippen

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