piwik no script img

Querspalte

■ Dialektische Worte von Dr. Hundt

Was jetzt kommt, ist ein Intelligenztest. Also: Was passt hier nicht rein, systemisch gesehen: Karpfen, Wal, Kabeljau? Okay, das war einfach, nur zum Warmwerden. Jetzt wird es schwieriger, was passt nicht rein: Schwarz und Weiß, Liebe und Hass, Kapital und Arbeit, Sekt und Selters? Nein. Nicht Sekt und Selters. Kapital und Arbeit passt hier nicht rein, jawohl, denn Kapital und Arbeit sind keine Gegensätze mehr. Seit Dienstag.

„Der Gegensatz von Kapital und Arbeit ist überwunden“: Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dr. Dieter Hundt, hat es uns verkündet, auf der großen BDA-Jahrestagung in Berlin. Ein Überwunder ist geschehen, „das 20. Jahrhundert hat einige große Konflikte gelöst“, verkündete Dr. Hundt der lauschenden Schar von rund 1.000 Unternehmern, „der Gegensatz von Kapital und Arbeit ist überwunden“ (wir zitieren mehrmals, Sie merken unsere Begeisterung). Endlich hat das ausgehende Jahrhundert etwas Gutes gebracht.

Die Geschichte schreitet in Gegensätzen, in Widersprüchen voran, ganz von alleine, hat ja schon mal jemand gesagt, und auch das 20. Jahrhundert hat da ja so einiges überwunden – genauer: besiegt. Könnte man auch sagen: Das Kapital hat die Arbeit besiegt! Statt Kapital und Arbeit gibt es jetzt Aktien und Immobilien oder investierte und entnommene Gewinne. Und die Arbeit ist einfach weg. In früheren Zeiten hätten die Leute wohl nicht mal was dagegen gehabt: Kapital statt Arbeit? Echt Oberklasse. Einen Haken hat die Sache: Dann müssten sich die ARBEITgeber wieder KAPITAListen nennen. Doch das will keiner. Auch Hundt nicht.

Und überhaupt: Was bleibt uns dann noch an Widersprüchen, an Gegensätzen, an denen sich das 21. Jahrhundert demnächst abarbeiten darf? Barbara Dribbusch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen