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SEX in der Großstadt

Alle wollen nur das eine. Zum Beispiel Croupier Eva. Sie kommt am liebsten frisch gevögelt zum Dienst. Das gibt ihr so eine „verwuselte Einstellung“ zu Idioten    ■ Von Helmut Höge

1. Wer? Wer denn nicht! „Beton macht sinnlich“ (Philipp Holzmann).

2. Wo? „Bei mir haben sich die besten Kontakte immer in Museen und Ausstellungen ergeben“, so die Kunsthistorikerin Dörte S. (30). Der dreimal monatlich nach Berlin fliegende Filialleiter Hartmut K. (38) kauft sich dagegen bereits in Tempelhof die aktuellen Ausgaben von BZ, Kurier und Tip: „Die dort annoncierenden Frauen regen mich derart an, dass ich die eine oder andere manchmal schon im Taxi anrufe.“ Weiter sagt er: „In Hannover, wo ich herkomme, gibt es fast nur die Eros-Center im Rotlichtbezirk – nach Rassen getrennt, und halb so teuer wie in Berlin. Es ist alles sehr billig dort.“

Auch der Architekt Lars Ch. (42) hält Berlin für ein „geileres Pflaster“ als Hannover. Ihm haben es jedoch vor allem die Schwulen-Kneipen und -Saunen hier angetan. Der Wahlweddinger Peer H. (32) steht auf „ältere Frauen“ – und klappert deswegen regelmäßig die Ballsäle in Mitte und das Café Keese ab.

Ähnliche Etablissements – jedoch in Marzahn und Hohenschönhausen – frequentiert der Bauingenieur Wolfgang P. (40), nachdem er ein Jahr lang Mitglied eines Single-Clubs in Steglitz war: „ohne Erfolg. Jetzt versuche ich mein Glück z.B. im Malibu und in der Baccara-Bar.“

Die Computergraphikerin Barbara W. (29) zieht dagegen „wie eh und je um die Häuser“, wenn sie mal wieder „Bock auf jemanden hat“. Wobei sie sich stets an die Theke setzt: „Da kommt man leichter ins Gespräch.“ Gerade dies hat der Lehrer Jens P. (39) inzwischen gründlich satt, jedenfalls wenn es darum geht, „primär jemanden zum Vögeln zu finden: Da geh' ich lieber in ein Bordell. Das klappt immer.“

Ähnlich geht es dem Biochemiker Frank L. (36), nur dass es ihn ausschließlich ins halb professionelle Wilmersdorfer „Pssst“ zieht: „Es ist so angenehm, nach zwanzig Jahren Anbaggerei, wenn es mal umgekehrt zugeht. Auch und gerade weil die Wirtin Felicitas die Mädchen dort in ihrem Erwerbsstreben bremst.“

Die Industriekauffrau Veronika B. (31) zieht es in die Hackeschen Höfe, wenn ihr zu Hause die Dekke auf den Kopf fällt. „Bis auf einmal habe ich dort immer die nettesten Männer kennengelernt“. Den Treuhand-Manager Werner J. (50) zog es dagegen immer nach Potsdam: „Wenn ich mal wieder unbedingt Ostweiber beschlafen musste.“ Jetzt wohnt er dort.

3. Wann? „Ich habe meine Hoch-Zeit meist im Morgengrauen“, erklärt Dagmar M. (23), die fast jede Nacht durch die Club-Szene zwischen Eimer und Maria am Ostbahnhof „tingelt“. Ihr Bruder Klaus (27) würde es dagegen am liebsten zu jeder Tages- und Nachtzeit „treiben“. Den Systemanalytiker Klaus-Dieter J. (31) „überfällt die Geilheit oft mitten in der Arbeit“.

Ähnlich ergeht es dem Journalisten Ratun R. (34): „Besonders wenn ich im Internet Pornografisches recherchiere. Kleiner Scherz!“ Auch bei der Technischen Zeichnerin Gabi T. (25) ist die Lust „situationsbedingt“. Während ihr Freund Bernd regelmäßig nach einigen Gläsern Alkohol „angeturnt“ wird – der „Tequila-Effekt“. Peter aus Bernau (28) braucht dagegen an den Wochenenden bloß – im „Speicher“ an der Oberbaumbrücke – den Mädels auf der Tanzfläche zuzuschauen: Schon denkt er „nur noch an das eine“. Der viel reisende Agraringenieur Björn S. (45) geht – wo immer er hinkommt – als erstes, gleich nach dem Frühstück, in den Zoo und in den Puff: „Das mache ich schon ewig so.“ Im Gegensatz zu dem Banker Rupert K. (39), der erst nach Mitternacht Prostituierte aufsucht: „Wenn ich in der Kneipe vergeblich die eine oder andere Frau angemacht habe.“ Der Sozialhilfeempfänger Timur T. (24) hat vor allem im Sommer – an der bulgarischen Schwarzmeerküste – Sexualkontakte: „Zu mehr reicht es nicht!“

4. Wie? Laut Springer-Presse, die im Sommer eine große Sex-Umfrage startete, liegen zirka 50 Prozent der Berliner beim Geschlechtsverkehr unten, und zirka 50 Prozent sitzen bzw. liegen oben. zwischendurch vögelt eine kleine heterosexuelle Minderheit auch mal von hinten kniend. Und ganz wenige draußen im Stehen – beispielsweise im Kenianerinnen-Park zwischen Diepgens Anwaltskanzlei und Möbel Hübner.

5. Warum? Rita (25) aus Rio tut es, um dabei einen Mann zum Heiraten zu finden: „Dann bekomme ich einen Status und kann endlich was Vernünftiges arbeiten.“ Ira (27) aus Kiew – bereits scheinverheiratet – geht es darum, sich zu etablieren: „Erst mal brauche ich eine eigene Wohnung, dann will ich mein Krankenschwester-Diplom anerkennen lassen, Führerschein machen, meine Tochter herholen – und dann möchte ich endlich mal in Urlaub fahren, nach Spanien.“ Auch die Schmuckverkäuferin Conny (47) verfolgt primär pekuniäre Interessen: „Um mein Arbeitslosengeld etwas aufzubessern, ich mach' das aber auch gerne, jedoch höchstens ein- bis zwei mal am Tag.“

Das Gegenteil trifft auf den Controller Zieran M. (49) zu, der am liebsten vor wichtigen Gesprächen oder Sitzungen vögelt: „Dann bin ich entspannter und konzentrierter. Einige Kollegen lassen sich Einläufe bei einem Proktologen machen, auf Dauer ist das aber nicht so gesund.“ Auch die als Croupier arbeitende Eva (29) hat es gerne, wenn sie frisch gevögelt zum Dienst erscheint: „Das gibt mir so eine etwas verwuselte Einstellung zu diesen ganzen überengagierten Idioten um mich herum.“

Die Vorarbeiterin Susanne (38) hat dabei ein Problem mit ihrem Lebenspartner: „Er schläft am liebsten mit mir, wenn er ganz gute Laune hat, was nicht so häufig der Fall ist, während es bei mir eher umgekehrt funktioniert: Wenn ich mich mies fühle, brauche ich ganz viel, äh, Zuwendung.“

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