Ein Streit um Räume und um Worte

■  Die Sekte „Universelles Leben“ wehrt sich gerichtlich gegen die Erwähnung im Sektenbericht des Landes. Antisemitische Tendenzen kritisiert

Religiös ging es gestern im Berliner Verwaltungsgericht zu: Drei hauptamtliche und zwei ehrenamtliche Richter diskutierten mit Kläger und Beklagten über das „niedere Ich“, den „Inneren Weg“ – und über die „Raumnutzungsanweisung“ der Berliner Verwaltung.

Die Glaubensgemeinschaft – oder: Sekte – „Universelles Leben“ (UL), der ein Gericht bereits „antisemitische Tendenzen“ bescheinigte, hat das Land Berlin verklagt. Die Vereinigung wehrt sich gegen die Erwähnung im sogenannten Sektenbericht der Schulverwaltung und den Ausschluss der UL von der Nutzung landeseigener Räume.

Nach Informationen des Sektenberichts ist UL eine Neuoffenbarungsbewegung, die 1984 von ihrer „Prophetin“ Gabriele Wittek gegründet wurde. Wittek versteht sich als Medium mit einer direkten Verbindung zu Jesus Christus. Sie verbreitet eine Lehre, bei der sich christliche Aussagen mit dem Glauben an eine Wiedergeburt und einen siebenstufigen Erlösungsweg verbinden.

Im deutschsprachigen Raum wird ihre Anhängerschaft auf 40.000 Gläubige geschätzt. Ein regionaler Schwerpunkt ist die Gegend um Würzburg. In Bayern gibt es UL-nahe „Christusbetriebe“ wie Bauernhöfe, Läden, Bäckereien, eine Naturheilklinik und eine private Grundschule. In Berlin befindet sich ein Zentrum in Kreuzberg.

Die Schulverwaltung kritisiert: In UL-Veröffentlichungen wird das Ziel einer „Umprogrammierung“ des Individuums durch die Glaubensgemeinschaft zu einem Menschen vorgegeben, der sich von allen Diskussionen fernhält. Erreicht werden soll das laut Sektenbericht über den Abbau der persönlichen Individualität und des „Menschlichen“.

Eine – allerdings mittlerweile öffentlich widerrufene – Schrift der Sekte enthielt einen antisemitischen Passus. Der Sektenbericht zitiert die Passage als Beleg für seine These, dass UL in seinen Veröffentlichungen „antisemitische Vorurteile“ schüre.

Nach Informationen des „Berliner Instituts für Faschismus-Forschung und Antifaschistische Aktion“ (BIFFF) hat der ehemalige Wiener Professor Hubertus Mynarek bei einem UL-Verlag ein Buch veröffentlicht. Mynarek war dem BIFFF zufolge für die nazistischen „Freireligiösen“ tätig, die Adolf Hitler zum Gott ausgerufen haben sollen. Verbindungen Mynareks bestünden auch zum Humanistischen Verband Deutschlands (HVD), der vor allem im Osten Berlins Schülern an Stelle des Religionsunterrichts einen „Lebenskunde“-Unterricht anbietet.

Der UL-Anwalt argumentierte vor dem Verwaltungsgericht, die Erwähnung der Glaubensgemeinschaft in der Veröffentlichung der Schulverwaltung habe dem UL „schwere Reputationsschäden“ beigebracht. Für die Veröffentlichung des mittlerweile vergriffenen Sektenberichts im Internet forderte er eine Korrektur von insgesamt sieben Aussagen, die der Anwalt für verfälschend hält. So fordere UL keineswegs, wie der Bericht andeute, von seinen Gläubigen einen Verzicht auf chemische Medikamente. Auch der Ausschluss von den städtischen Räumen sei unhaltbar. Das Gericht will am Donnerstag kommender Woche ein Urteil sprechen.

Philipp Gessler