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Nachsitzen im Lustgarten

■ Der Entwurf zur Gestaltung des Lustgartens muß erneut nachgebessert werden

Der Lustgarten zwischen Schinkels Altem Museum und dem Palast der Republik wird weiter beharkt. Der neue Entwurf des Kölner Raumkünstlers Gerhard Merz sowie des Landschaftsplaners Hans Loidl (Wien) zur Gestaltung der Freifläche wird in der vorliegenden Form nicht realisiert, sondern soll bis zum Frühjahr 1996 überarbeitet werden. Die beiden Pavillons, die Bassins und die Terrasse am Kupfergraben bildeten „zwar das Gerüst für die weitere Feinarbeit“, sagte Hendrik Gottfriedsen, Chef der „Grün Berlin GmbH“, der die Planung in Auftrag gegeben hatte. Merz und Loidl müßten aber den Entwurf nachbessern und besonders die Grün- und Landschaftsgestaltung auf dem Platz „dazukomponieren“.

Merz und Loidl werden damit zum zweiten Mal in Klausur geschickt, ist es ihnen doch nicht gelungen, ein überzeugendes Gesamtkonzept zu entwickeln. Bereits Anfang 1995 hatte die „Grün Berlin“ die beiden schon einmal beauftragt, eine Planung zu entwickeln. Das Resultat liegt seit August auf dem Tisch: Statt des langen Glasriegels – die „Bushaltestelle“ im Volksmund genannt –, der als Siegerentwurf aus einem Bauwettbewerb 1994 hervorgegangen war, schlugen Merz/Loidl zwei 16 mal 16 Meter große Glaskisten in Wasserbecken vor.

Die räumliche Fassung des Lustgartens bleibt auf der Südseite erhalten. Schinkels Altes Museum wird aber nicht mehr, wie noch beim Glasriegel, vollständig verstellt. Was dem Entwurf erneut fehlt, so Gottfriedsen, sei ein differenziertes Konzept für einen „grünen Stadtgarten“ mit Bänken, Bäumen und Rasenflächen. Merz/ Loidl sahen auf dem 90 mal 140 Meter großen Platz Steinplatten vor. Als Vorgabe diene nun der Flanier-Lustgarten, „so wie Schinkel ihn definiert hat. Dennoch kommt eine historische Rekonstruktion nicht in Frage“, erklärte Gottfriedsen. Die quadratischen Pavillons paßten nicht zur „preußischen Glückseligkeit“. Sie sollten vielmehr „Mittler“ zwischen der Vergangenheit und Zukunft des Ortes sein.

Währenddessen wächst die Kritik an der 15-Millionen-Mark-Planung: Anette Ahme von der Gesellschaft Historisches Berlin bezeichnete eine moderne Gestaltung des Lustgartens als baulichen Fehlgriff. Sie plädiert für die Wiederherstellung des klassizistischen Vorbildes. Mängel sieht auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen, der eher zu einer historisierenden Umgestaltung „tendiert“. Einspruch gegen die neuen Pavillons legten – und legen – auch Denkmalexperten ein, die die Maßstäbe zwischen Dom, dem zentralen Platz und dem Altem Museum durch die Glaskisten „gestört“ sehen.

Nach Ansicht von Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer bildet der bestehende Entwurf noch nicht den Endpunkt der Planung, sondern eine Diskussionsgrundlage, wie Hassemers Sprecherin Mechthild Bülow erklärte. Das letzte Wort sei beim Lustgarten noch lange nicht gesprochen. Rolf Lautenschläger

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