: Kampf um die Lufthoheit
■ 40.000 FreiburgerInnen wollen ihren Flugplatz im Breisgau behalten
Freiburg (taz) – „Die größte Bürgerbewegung aller Zeiten. 40.389 wollen einen neue Politik“, heißt es auf Plakaten in Freiburg. In der Öko-Metropole wird derzeit das „Volksbegehren Startbahn West“ mit verkehrten Vorzeichen nachgespielt. Während sich Großteile der hessischen Bevölkerung Anfang der achtziger Jahre gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens wehrten, kämpft das Freiburger Bürgerbegehren heute für den Erhalt des örtlichen Flugplatzes. Dessen Schließung hatte nämlich die rot-grüne Gemeinderatsmehrheit in der Stadt jüngst angeordnet. 40.389 UnterzeichnerInnen forderten daraufhin eine Entscheidung durch die StimmbürgerInnen – genug um die Abstimmung Ende Juli auch tatsächlich auf die politische Tagesordnung zu setzen.
Fluglehrer und CDU für den Platz
Drahtzieher der Proteste sind die beiden Fluglehrer Heinz und Udo Harter (Vater und Sohn), die um ihre Arbeitsplätze fürchten. Zufällig sitzen auch beide im Gemeinderat, der eine für die CDU, der andere für die Freien Wähler. Ihnen zur Seite stehen rund 2.000 Mitglieder der 14 örtlichen Flugsportvereine. Die regionale Wirtschaft hält sich dagegen aus dem Streit heraus. Einen Standortfaktor für die Geschäftsleute hat der alte Verkehrslandeplatz offensichtlich nicht.
Die Bündnisgrünen, inzwischen nach der CDU zweitgrößte Fraktion im Gemeinderat, halten den Flugplatz schlicht für überflüssig; Die Piste sei eine permanente Lärmbelästigung für 30.000 EinwohnerInnen im Freiburger Westen. Die Umweltverschmutzung durch die Flieger stört die Bündnisgrünen, und die Absturzgefahr über dicht besiedelten Wohngebieten ist nicht zu leugnen.
Die Flugplatzlobby führt neben ihren „Freiheitsrechten“ natürlich ebenfalls Allgemeininteressen ins Feld: Der Flugplatz sei notwendig für medizinische Rettungsflüge – eine Behauptung, die die Landesregierung in Stuttgart inzwischen dementiert hat. Außerdem sichere die große Freifläche eine Frischluftschneise in die Stadt. Tatsächlich denkt in Freiburg jedoch niemand an eine Überbauung des 70 Hektar großen Areals.
So bleibt den FlugfreundInnen letztlich nur noch der etwas hilflose Appell an die „Tradition“. Liebevoll nennen sie ihren Flugplatz „Exi“, weil er einst der Reichswehr als Exerzierplatz diente. Ob diese nostalgische Anbiederung an preußischen Militarismus gerade in Freiburg ankommt, wird sich am 23. Juli zeigen. Eine Mehrheit im Bürgerentscheid wird zwar nicht ausgeschlossen, bei einer niedrigen Stimmbeteiligung ist dieser jedoch unverbindlich. Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen