: Vorschlag
■ Gumbezarté aus Westafrika bei den Heimatklängen
Gumbezarté bei der Eroberung Berlins Foto: JapA
Wenn die Sonne schon kurz nach acht hinter der Zirkuskuppel des Tempodroms verschwindet, gehen die Heimatklänge langsam aber sicher in die Endrunde. Sechste und leider schon vorletzte Band dieses Jahres sind Gumbezarté aus Guinea-Bissau. Das westafrikanische Land war die letzte lusomanische Bastion, die die Portugiesen in Afrika bis in die Siebziger halten konnten. Und das lag hauptsächlich daran, daß die Konkurrenzkolonialmächte Frankreich und England kein besonderes Interesse an einer Gegend hatten, deren Reichtum vor allem in einer riesenhaften Mückenpopulation bestand. Ziemlich schlechte Straßen sorgen bis heute dafür, daß die Informationen aus Guinea-Bissau nur äußerst spärlich fließen. Die Portugiesen hatten soviel Angst vor dem Land, daß sie ihre Kolonie lieber aus der Entfernung regierten. Die für Bissau zuständigen, in Portugal geschulten Militärherren und Bürokraten brachte man sicherheitshalber auf den wesentlich gemütlicheren, ebenfalls besetzten Kapverden unter.
Heimatklang-Chefethnologe Borkowsky Akbar errinnerte sich bei der Konzeption des diesjährigen Programms an seine Zeit als Studentenführer im Westberliner SDS. In dieser Funktion reiste er in den Siebzigern nach Bissau. Nach einer zermürbenden Reise im „Buschtaxi“ kommt Borkowsky „völlig gerädert“ in der Hauptstadt an. Sein Mückenspray hat er an eine Prostituierte verschenkt, die zwei Tage lang neben ihm im Taxi saß. Kaum ausgestiegen, wird er von den „Massen“ zu dem charismatischen Amilcar Cabral geführt, der später mit seiner Armee Bissau befreit und damit die Nelkenrevolution von 1976 auslöst.
Heute endlich – zwischendurch war Sozialismus in Guinea- Bissau – vollzieht Gumbezarté die Reise des Entdeckers im Buschtaxi in umgekehrter Richtung nach. Mit dabei der magische Entertainer Maio Coope, zwei Tänzerinnen, Kalebassen, E-Gitarren und Saxophon. Die Elektrifizierung der Instrumente hat auch in ihrer Heimat durchgeschlagen. Erster Einkauf der Truppe nach der Eroberung Berlins: ein Effektgerät. Andreas Becker
Heimatklänge mit Gumbezarté feat. Maio Coope, bis Sa. 21.30, So. 16 Uhr, Tempodrom, In den Zelten 1, Tiergarten
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