piwik no script img

Machtprobleme verhindern Umsetzung

betr.: Vermögenssteuer und Atomausstieg

Was haben Vermögenssteuer und Atomausstieg gemeinsam? Beide Themen sind vorrangig Macht- und nicht Rechtsfragen:

Vermögenssteuer: Der BFH als oberstes Finanzgericht hat klargestellt, dass es keine Beschränkung der Einkommensbesteuerung auf 50 Prozent („Halbteilungsgrundsatz“) gibt. Das BVerfG hat darüber hinaus „in staatlichen Ausnahmelagen auch einen Zugriff auf die Vermögenssubstanz“ für zulässig erklärt unter Verweis auf das Lastenausgleichsgesetz von 1952. Die Wiedervereinigung ist ein solcher Fall, der einen auf x Jahre verteilten „Einigungslastenausgleich“ zum Abbau der einigungsbedingten öffentlichen Kreditbelastung von über 700 Milliarden Mark rechtfertigt.

Atomausstieg: Eine Pflicht der AKW-Betreiber zum Abschluss einer ausreichenden Haftpflichtversicherung oder zur Erbringung eines tatsächlichen Entsorgungsnachweises (über mindestens 40.000 Jahre gesicherte Endlagerung) brächten wegen der horrenden Kosten beziehungsweise der Unmöglichkeit eines Nachweises das (fast) sofortige Aus für alle AKWs.

Verfassungsrechtliche Probleme bestehen hier kaum. Machtprobleme sind es, die eine Umsetzung verhindern. [...] Grüne, linke SPDler, aber genauso ihre Kritiker haben es versäumt. Gegengewichte aufzubauen, gesellschaftliche Bündnisse, Massendemonstrationen und gewaltfreien Widerstand à la Seattle, kurz gefasst: Gegenmacht. Noch ist es nicht zu spät. Statt zu jammern und sich genervt von Politikerphrasen abzuwenden, sollte die Chance genutzt werden, dass mit Rot-Grün Atomausstieg und Vermögensbesteuerung überhaupt wieder zu gesellschaftlichen Themen geworden sind.

Horst Schiermeyer, Zittau

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen