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Korsen setzen große Hoffnung in neuen Dialog

Verhandlungen zwischen den korsischen Nationalisten und der französischen Regierung sollen eine politische Lösung für den Dauerkonflikt auf der Mittelmeerinsel vorbereiten

Paris (taz) – Wie schafft Lionel Jospin das bloß? Vertreter sämtlicher korsischen Formationen – von den linken über die rechten Parteien bis hin zu der bewaffneten Nationalistengruppe FLNC-Canal historique – sprachen ihm gestern Komplimente für das „historische Treffen“ aus, das er am Vorabend an seinem Amtssitz Palais Matignon organisiert hatte. Von einem „neuen Anfang“ war am Ende der vierstündigen Sitzung am eckigen Tisch die Rede sowie von einer „echten Öffnung“ der Regierung gegenüber Korsika. Alle einigten sich auf ein neues Rendezvous im nächsten März.

Dabei hat Jospin bislang keinerlei konkrete Angebote gemacht. Zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Zu seinen Gästen, zu denen in einer historischen Premiere auch zwei nationalistische Abgeordnete des korsischen Regionalparlaments gehörten, erklärte der Premier, Ziel des Treffens sei, „miteinander zu sprechen, um die Blockadesituation zu beenden“.

In der Vornacht des Treffens waren mehrere Bomben auf der Mittelmeerinsel explodiert. Doch anders als sonst hat die Polizei dieses Mal einen Bombenleger auf frischer Tat ertappt. Der Mann entpuppte sich als bekanntes Mit-glied jener „Corsica Nazione“, zu der auch die beiden Nationalisten am Tisch von Jospin gehören. Ebenfalls anders als sonst nannte die Organisation, die nicht einmal bereit ist, den Mord an dem französischen Präfekten Erignac vom Februar 1998 zu verurteilen, dieses Mal das Attentat „inopportun“.

„Corsica Nazione“, der „legale Arm“ der bewaffnet kämpfenden FLNC-Canal historique, bekam bei den letzten Regionalwahlen 16 Prozent. Die übrigen Wählerstimmen der Insel gingen an Parteien, die auch auf dem Festland vertreten sind. Offiziell unterstützt keine von ihnen den bewaffneten Kampf und tritt auch nicht für die Unabhängigkeit Korsikas ein, wenngleich die Konservativen im korsischen Regionalparlament seit Jahren gedeihlich mit den Nationalisten zusammenarbeiten.

Die bei Jospin geladenen Kom-munisten verlangten die „Isolie-rung der Terroristen“ und die För-derung einer wirtschaftlichen Ent-wicklung für die Insel, die gegen-wärtig die höchsten Pro-Kopf-Subventionen Frankreichs bekommt. Die ebenfalls scharfen Kritiker der selbst ernannten „Befreiungskämpfer“, die korsischen Autonomisten, waren nicht geladen – sie sitzen nicht im Regionalparlament. Die von Bomben, nationalistischen und mafiösen Erpressungen, dem ungeschriebenen Gesetz der Omerta sowie Schikanen der Pariser Sonderpolizei erschöpfte korsische Öffentlichkeit erwartet Gewaltiges von dem Dialog.

Umgekehrt will die Öffentlichkeit auf dem Festland vor allem Ruhe auf der Insel. Manche, darunter Ex-Premierminister Barre, wollen die Insel am liebsten ganz loswerden: „Schickt sie in die Unabhängigkeit.“ Nach den jahrzehntelangen Irrungen in der Korsikapolitik sorgt der urplötzliche Optimismus auch für Misstrauen. Devedjian, Sprecher der neogaullistischen RPR: „Jospin bietet nichts. Und die Nationalisten finden das wunderbar.“ Also, so folgerte er getreu einer jahrelang erprobten Methode, „hat es Geheimverhandlungen gegeben“.

Dorothea Hahn

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