: Super Sexy Lady
■ Rohrkrepierer im Meta-Spaßtempel: Fuschimuschi mit Kunststudentenhumor
Was wir schon immer wissen wollten: Wer ist der Mann hinter diesem dämlichen Bandnamen? Es ist (Vorhand, Tusch) Fuschimuschi Math-Ice, geboren im Allgäu. Als sein Kinnbart ausgewachsen war, entfloh Mathias Fumiczinski, wie wir ihn der Einfachheit halber nennen wollen, der Tristesse der lila Kühe und begab sich auf die Suche nach urbaner Härte und kulturellem Abenteuer. In Düsseldorf fand der junge Wanderer sein Glück und zusammen mit seinem Studienplatz an der dortigen Kunstakademie stand dem großen Pop nichts mehr im Weg.
Zunächst musste jedoch die Identität entmufft werden. Short Stories, der 1997 erschienene, bislang einzige Langspieler ist die Geschichte seiner Diaspora. „Listen to the sounds of Fuschimuschi“ beginnt das in delirierender Vernuschelung. Höhepunkt der Vierspur-Odyssee ist die tragische Geschichte eines Mozzarella-Käses: ohne Tomate ist er nichts wert. Metapher für den unverstandenen Kreativen? Das Ziel hat er jedenfalls erreicht. „Offensichtlich handelt es sich hierbei um einen Lastwagenfahrer aus dem Ruhrgebiet“, meinte ein Kritiker. Die inzestuöse Szene zeigt sich amüsiert-irritiert und nahm Math-Ice in die lange Liste Düsseldorfer Musikschaffender auf, die mit A Certain Frank beginnt und Zu heiß gebadet endet.
Nach kurzer Agonie ermöglicht dem Strategen nun Rephlex, das derb-humorige Label des elektronischen Wadenbeißers Aphex Twin den Schritt zum Global Player. Mitte dieses Jahres veröffentlichte die Firma, die sich im Zuge ihrer geschmacklichen Vergröberung mittlerweile vermehrt auf deutsches Kulturgut der 90er stürzt, zeitgleich den härtesten Eurotrash und Math-Ices neuesten Streich. Mit Super Sexy Lady betritt unser Held nun internationalen Boden und kann sich musikalisch endlich zwischen Beck und Ween einordnen, mit denen er oberflächlich den trashig-selbstironischen, mehrfach affirmierten Zugang zu Funk'n'Soul teilt.
Was diese Ikonen allerdings aus ihren imaginierten Schlaghosen schütteln, kommt bei Math-Ice etwas gezwungener daher. Mit Don Jovanni und DJ Juicy Snare jetzt zum Trio erwachsen, stürzt sich Fuschimuschi tief in die elektrifizierte 70s-Lounge. Ob er darin umkommt, entscheidet einzig und allein, inwieweit es ihm gelingt, einen klaren Kopf zu behalten. Denn Humor, der ewig gejagte, verträgt sich nunmal schlecht mit angestrengter Pose. Dann werden aus (selbstverständlich) pointenlosen Grotesken nicht nur Rohrkrepierer, sondern Eigentore. Aber testen Sie selbst: „You're my supersexy mamalady“ in kieksiger Stimmverfremdung und andere Höhepunkte Wahl-Düsseldorfer Kunststudentenhumors im örtlichen Meta-Spaßtempel. Holger in't Veld
Mo, 20. Dezember, 21. Uhr, Golden Pudels Klub
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