: Das lange Warten auf das Christkind
Hertha holt im Olympiastadion gegen 1860 München nur einen Punkt und ist trotzdem zufrieden
Kostas Konstantinidis hat ein Tor geschossen. Das kommt nicht eben häufig vor, in der aktuellen Spielzeit war es gar sein erstes. Und weil es auch das einzige blieb für die Berliner am Dienstagabend beim Unentschieden gegen 1860 München, pulkten sich die Journalisten nach dem Abpfiff um den Griechen.
„Kostas, freust du dich über dein Tor?“, wollten die Reporter wissen, und auch wenn der 27-Jährige nur wenig Erfahrung damit hat, eigene Tore zu kommentieren, wusste er genau, was man in solchen Fällen sagt. Zum Beispiel, dass er sich sehr über seinen Kopfballtreffer freue, aber nur einerseits, weil andererseits das Spiel ja nicht gewonnen worden ist. Und so weiter und so fort. Nur einmal wich der höfliche Mittelfeldmann von seinem Floskelparcours ab. Da sagte er, „die ewigen Pflichtspiele, die hängen mir zum Hals raus“.
Konstantinidis vertritt diese Meinung nicht exklusiv. Viele seiner Kollegen maulen über die Belastungen. Das Spiel gegen die Löwen war bereits das 28. Pflichtspiel der Herthaner in dieser Saison. Aber nicht nur die Kicker sind müde, auch den Fans geht zum Jahresende die Puste aus. Gegen 1860 kamen kaum 30.000 Zuschauer ins zugige Olympiastadion. Dabei hatte die Berliner Klubführung in Anlehnung an das Two-in-one-Prinzip zwei Tickets zum Preis von einem angeboten.
Dass der Partie gegen den Münchener Stadtmeister trotz allem Unterhaltungswert zugeschrieben werden darf, hat in erster Linie mit der Lust des Berliner Trainers Jürgen Röber auf Offensive zu tun. Röber hatte seinen Libero Kjetil Rekdal vor die Abwehr beordert, von wo aus der Isländer viel nach vorne bewegte. Und dann nur selten wieder schnell genug in die Verteidigung zurückfand, um die Konter der Löwen zu stören. Es ging also munter hin und her. Einen der 60er-Gegenstöße verwandelte Martin Max kurz nach dem Wiederanpfiff zum 1:0. Weil Konstantinidis nach 71 Minuten aber noch der Ausgleich gelang, war Röber nach dem „letzten Hertha-Heimspiel des Jahrtausends“ (Stadionsprecher) mit sich und der Welt im Reinen. Aus den letzten vier Bundesligaspielen hat sein Team zehn Punkte geholt. Der Abstand zumTabellenkeller ist gewachsen, der zur Spitze geschrumpft, da kann man sich schon mal einen Scherz gönnen. Die Winterpause, so Röber, werde man ausfallen lassen, schließlich „sind wir im Moment so gut im Rhythmus“.
Irgendwann wurde aber auch der Trainer der Fragen überdrüssig. Zum letzten Spiel am Sonntag in Dortmund wollte er „nun wirklich nichts mehr sagen“, beendete der Trainer die Plauderei mit den Journalisten. Wie hatte Konstantinidis gesagt? „Wir sind alle müde.“ Das war dann wohl auch der Grund, warum eigentlich niemand enttäuscht war, nur unentschieden gespielt zu haben. Es ging in der Tabelle nicht hoch und nicht runter, dafür dem Christkind einen Schritt näher. Das muss auch mal reichen. Klaus Linnenbrügger
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