: Zwei Kandidaten müssen ins Stechen
Vor Stichwahl in Lübeck: Rennen um Bürgermeisteramt bleibt spannend ■ Von Eva-Maria Mester
In Lübeck gab sich in diesen Tagen die Politprominenz die Klinke in die Hand. Minis-terpräsidentin Heide Simonis (SPD) war schon da, der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein, Volker Rühe, hat die Hansestadt am Mittwoch erneut besucht, und gestern Abend stieg zum krönenden Abschluss auch noch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Lübeck in die Bütt. Denn am 19. Dezember ist noch einmal Wahltag in der Hansestadt.
In einer Stichwahl wird sich dann entscheiden, wer neuer Bürgermeister in der zweitgrößten Stadt Schleswig-Holsteins wird: Hans-Achim Roll (CDU) oder Bernd Saxe (SPD). Im ersten Wahlgang am 5. Dezember hatte keiner der insgesamt vier Kandidaten die erforderliche absolute Mehrheit erreicht. Roll kam auf 44,85 Prozent der Stimmen und lag damit hauchdünn vor dem SPD-Kandidaten Saxe, der 44,37 Prozent der Stimmen erhalten hatte. Die anderen beiden KandidatInnen konnten sich für die morgige Entscheidung nicht qualifizieren: Die parteilose Lübecker Umweltsenatorin Beate Hoffmann, die von FDP, Statt Partei und der Wählergemeinschaft W.I.R. unterstützt worden war, hatte 6,59 Prozent der Stimmen erhalten; für den ebenfalls parteilosen Kandidaten der Grünen, Peter Wolter, hatten 4,20 Prozent der Wahlberechtigten gestimmt.
Eine wichtige Rolle wird am Sonntag die Wahlbeteiligung spielen. Sie war beim ersten Wahlgang mit 43 Prozent niedriger gewesen als erwartet. Deshalb setzen beide Kandidaten im Endspurt darauf, ihre Anhänger zu mobilisieren. Dabei könnte Saxe der übervolle Terminkalender von Bundeskanzler Schröder zur Hilfe kommen. Der hatte nämlich vor dem ersten Wahlgang einen für den 29. November geplanten Auftritt in Lübeck wegen anderweitiger politischer Verpflichtungen abgesagt. Schröder wolle nicht neben einem Verlierer stehen, hatten führende Vertreter der CDU damals frohlockt, als Altbundeskanzler Helmut Kohl tags darauf in Lübeck für die Wahl Rolls zum Bürgermeister warb. Jetzt kommt Schröder am Freitag, zwei Tage vor der Stichwahl, doch noch nach Lübeck.
Ärger darüber, dass man nicht gegenhalten kann, lässt sich die Lübecker CDU nicht anmerken. „Es gibt leider keine zwei Bundeskanzler, aber dafür haben wir den besseren Kandidaten“, sagt der Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Lübecker Bürgerschaft, Klaus Puschaddel.
Spannend wird der Wahlabend in Lübeck mit Sicherheit werden. Dafür werden auch die Anhänger der kleinen Parteien sorgen, die im ersten Wahlgang die jetzt ausgeschiedenen Kandidaten Hoffmann und Wolter gewählt hatten. Die Grünen und die PDS haben ihren Mitgliedern empfohlen, jetzt Bernd Saxe zu wählen. FDP, STATT-Partei und W.I.R. haben sich wie erwartet für Hans-Achim Roll ausgesprochen.
Für alle Fälle hat man sich in der Stadtverwaltung schon einmal informiert, was bei Stimmengleichheit geschieht. Dann entscheidet laut Wahlgesetz das Los über den 228. Bürgermeister im Rathaus der Hansestadt Lübeck.
Doch wer auch immer der glückliche Sieger sein mag, auf ein althergebrachtes Ehrenamt wird er verzichten müssen. Ende November hatte im niederländischen Zwolle der Hansebund beschlossen, dass der Regierungschef der ehemaligen Hansekönigin an der Trave nicht mehr automatisch ihr „Vormann“ sein solle. Der Zusammenschluss von 209 historischen Hansestädten aus 16 Ländern will sich „eine demokratische Satzung“ geben und den Vorsitzenden künftig wählen.
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