: Eigentlich ein formaler Vorgang
betr. : „Kleiner Junge, große Krise“, taz vom 8. 12. 99
Nachdem das Migrationsabkommen, das die USA und Kuba 1994 unterzeichnet hatten, einige Jahre mehr oder weniger eingehalten wurde, wird es seit Beginn des Jahres 1999 wieder ausgehöhlt. Gemäß dem „Cuban Adjustment Act“, einem 36 Jahre alten Gesetz, erhalten Kubaner die sofortige Aufenthaltserlaubnis bei illegaler Einreise in die USA – etwas, das den Angehörigen aller anderen Nationen der Welt verwehrt wird. Diese Tatsache, verbunden mit den entsprechenden Aufrufen über die Sender der rechten Exilkubaner, die den illegalen Weg der Einreise propagieren und das 2.000 Stunden pro Woche, hat in der letzten Zeit zu einem enormen Anstieg des illegalen Personenhandels geführt. Schlepper, die einige tausend Dollar pro Kopf verlangen, bringen auf völlig überladenen Booten Kubaner nach Florida. Diese Unternehmen endeten schon oft tödlich, allerdings ohne dass die Welt davon erfuhr. Das hat sich durch den Fall des kleinen Elián Gonzáles Brotóns geändert. [...]
Der Vater und die Großeltern des Jungen, väterlicher- wie mütterlicherseits, wandten sich an die kubanischen Behörden mit der Bitte, die sofortige Überstellung des Kindes in die Wege zu leiten. Man betrachtete das eigentlich nur als einen formalen Vorgang, existiert doch in der ganzen zivilisierten Welt das Elternrecht, das beiden Elternteilen bis zur Volljährigkeit des Kindes die Erziehung und Fürsorge über ihr Kind überträgt. Falls ein Elternteil stirbt, geht dieses Recht auf den anderen Elternteil über. Aber es geschieht das Unglaubliche: Die USA weigern sich, den kleinen Kubaner seinem Vater, seiner Familie zurückzugeben.
Wenn es um Kuba geht, vergessen die USA, dass sie ein zivilisiertes Land sind, brechen sie nationales und internationales Recht. Und was noch unglaublicher ist, fast alle deutschen Medien ziehen mit. [...] Wenn es sich um ein deutsches, schwedisches oder brasilianisches Kind handelte, würden sie sich ganz selbstverständlich dafür einsetzen, dass dieses Kind zu seiner Familie zurückkehren kann. Wir erwarten von ihnen die gleiche Fairness in diesem Fall.
Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Bundesvorstand
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