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Da krauts einem doch

Gesundheitsschäden durch chinesische Kräuter und Tees: Hamburger Verbraucherzentrale und Krankenkasse warnen  ■ Von Sandra Wilsdorf

Manche Kräuter, die heilen und gesund sein sollen, machen in Wirklichkeit krank, manchmal todkrank. Die Hamburger Techniker Krankenkasse (TK) warnt vor Gesundheitsgefahren, die von chinesischen Kräutern ausgehen können: „Es liegen mehrere wissenschaftliche Untersuchungen vor, die über ernsthafte gesundheitliche Schäden bei der Verwendung von solchen Kräutern berichten“, sagt TK-Medizinierin Birgitta Weltermann.

Pestizide, Insektizide und Schimmel würden diese Kräuter giftig machen. Außerdem enthielten einige fernöstliche Kräutermischungen bis zu 30 Prozent mineralische und tierische Produkte. Besonders Graumarkt-Produkte könnten mit Arsen, Cadmium, Blei, Quecksilber, Thallium oder Zink „angereichert“ sein.

In Belgien wurden bereits über 100 Fälle von Nierenversagen bekannt, die auf diese Kräuter zurückzuführen sind. 30 Menschen sind gestorben, die anderen haben ein erhöhtes Krebsrisiko. In Deutschland hätten chinesische Kräuter die Nieren eines Patienten dauerhaft geschädigt.

Die Krankenkasse will nun öffentlich machen, was in medizinischen Fachkreisen bereits seit geraumer Zeit Thema ist:. „Wir wollen auf eine Lücke im Verbraucherschutz hinweisen“, sagt Weltermann. Denn niemand wisse genau, worin diese Kräuter enthalten sind. „Wir können nicht ausschließen, dass sie in Gewürzmischungen und in Fertigprodukten sind“, sagt Weltermann.

Die größere Gefahr gehe aber wahrscheinlich von Tees aus. „Denn die nimmt man in größeren Mengen zu sich.“ Eingeführt werden sie hauptsächlich über den Hamburger Freihafen, vertrieben würden sie meist in Apotheken und Drogerien oder im Versandhandel. Auch Silke Schwartau von der Hamburger Verbraucherzentrale fordert: „Da muss man ganz schnell eine konkrete Analyse machen und die entsprechenden Produkte vom Markt nehmen.“

Die TK sieht das Problem darin, dass chinesische Kräuterzubereitungen keine arzneimittelrechtliche Zulassung haben und deshalb auch keiner staatlichen Kontrolle unterlägen, wie sie bei anderen Arzneimitteln üblich sei. Ist jetzt Schluss mit traditioneller chinesischer Medizin? „Ich beziehe meine Kräuter über einen deutschen Versand aus den USA, da werden die kontrolliert“, sagt Marco Djahanbaz, Heilpraktiker und Psychotherapeut aus Wedel. Aber auch er sieht Handlungsbedarf: „Ich würde eine konkrete Überprüfung begrüßen.“ Das grundlegende Problem sieht er in der mangelhaften Ausbildung vieler Heilpraktiker.

Monika Beutgen hingegen glaubt eher an schwarze Schafe. „Wir machen intensive Kontrollen gerade auf Insektizide und Pestizide“, sagt die Geschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetees: „Ich denke nicht, dass das große Ausmaße haben soll.“

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