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„Peymann ist biologisch am Ende“
Von Frank Castorf (48), Intendant der Volksbühne, war gestern nicht zu erfahren, was er dem Kollegen Peymann zur Wiedereröffnung des Berliner Ensembles wünscht. In einem wahren Interviewkrieg hatte Castorf den Neuzugang aus Wien allerdings schon mit einer Reihe vergifteter Komplimente bedacht. Der Chef der Volksbühne lobte zwar Peymanns polemische Sprengkraft: „Die braucht man in der Auseinandersetzung mit dieser dumpfenden Kleinstadtpolitik in Berlin.“ Dessen künstlerische Arbeit sei jedoch „hausbacken, verträglich für jede Steglitzer Vorstadtvillensiedlung und insofern dem Geist der Anarchie nicht unbedingt entsprechend. Wer zu lange im Wiener Luxus gelebt hat, dem fehlt die Kämpferqualität.“ Andererseits: „Der hat einen Knall. Der Knall passt aber in die Stadt. Wenn er ihn künstlerisch verlängern kann, dann ist es gut.“ Auch das fortgeschrittene Alter des 62-jährigen Peymann nahm der 48-jährige Castorf ins Visier: „Sechzig Jahre signalisieren ein gewisses biologisches Ende. Ich hoffe, dass er zumindest das Ende seiner Intendanz erlebt.“
Peymann über Castorf: „Castorf kann als Regisseur grandios sein – und ist aus Verbitterung menschlich eine Null. Aber der Zynismus, mit dem er seinen Zustand lustvoll beschreibt, imponiert mir. Sein Problem ist nur: Wer sich mit Zynismus wappnet, dem passiert nichts mehr. Frank Castorfs Volksbühne ist in die Jahre gekommen. Der Laden fällt auseinander, und seine besten Leute laufen ihm davon, weil Castorf dauernd zwischen Hamburg, Basel und Wien gastiert. Er hat die Lust an seinem eigenen Theater verloren, weil der wilde Nostalgieschwung in der Parzelle Prenzlauer Berg vorbei ist. Da gehört eine Änderung hin.“
Foto: Nelly Rau-Häring
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