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Irische Irrwege

Krankenschwester verweigerte einer Schwangeren die Chemotherapie

Dublin (taz) – Einer schwangeren Irin, die an Krebs erkrankt ist, wurde in einem Dubliner Krankenhaus die Chemotherapie verweigert. Die zuständige Krankenschwester in dem katholischen Hospital sagte, die Krebstherapie könnte den Fötus schädigen. Der Fall hat Irlands heftige Abtreibungsdebatte neu entfacht.

Die meisten Krankenhäuser Irlands werden von der katholischen Kirche geführt, doch das Recht auf Behandlung unabhängig von der moralischen Einstellung des Arztes ist standesrechtlich festgelegt. In diesem Fall war es aber eine Krankenschwester, die sich weigerte, die Anweisungen des Arztes auszuführen. Ein Sprecher des Gesundheitsministerium sagte, das sei ein Einzelfall und die Chemotherapie sei später von einer anderen Krankenschwester verabreicht worden. „Es gibt keinerlei Hinweise, dass es sich um ein weit verbreitetes Problem handelt“, sagte er. Eine Gesetzesänderung sei daher überflüssig.

Tatsächlich hat es in der Vergangenheit vor allem bei der Sterilisation von Patienten häufig Konflikte gegeben. Sie werden sich verschärfen, sollte die irische Regierung Abtreibungen legalisieren. Einen Vorgeschmack gab es vor einem Vierteljahr, als die Regierung in einem Diskussionspapier zwar anerkannte, dass die Mehrheit der Bevölkerung Abtreibung ablehne, doch die Möglichkeit für Ausnahmeregelungen offen ließ. Das rief die katholisch-fundamentalistische Jugendorganisation „Youth Defence“ auf den Plan, deren Sprecher Justin Barrett sagte: „Wir werden nicht einen einzigen Mord dulden.“

Die Rechtslage in Irland ist unklar. Zwar ist Abtreibung verboten, doch 1994 entschied das höchste irische Gericht, einer 14-Jährigen, die nach einer Vergewaltigung schwanger geworden war, die Ausreise für eine Abtreibung in England zu gewähren. Die Richter erklärten, dass Abtreibung zulässig sei, wenn das Leben der Schwangeren gefährdet sei – und dazu gehöre Selbstmordgefahr.

Aber US-amerikanische Anti- Abtreibungs-Aktivisten mischen sich zunehmend in die irische Debatte ein. Joe Scheidler von der radikalen „Pro-Life Action League“, der von einem US-Gericht zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden ist, tritt regelmäßig bei Veranstaltungen in Irland als Redner auf. Ralf Sotscheck

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