American Pie
: Reverend Jackson grollt

Rassismus-Vorwürfe gegen Green Bay nach Entlassung des schwarzen Trainers

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Kaum war die reguläre Saison der National Football League (NFL) zu Ende gespielt, da hatte sich die Zahl der schwarzen Cheftrainer um ein Drittel reduziert. Die Green Bay Packers, erstmals seit sieben Jahren nicht in den Play-offs vertreten, entließen nach nur einer Saison ihren Coach Ray Rhodes. Ein Vorgang, der die gegen Rassendiskriminierung streitende Rainbow/Push-Koalition des Reverend Jesse Jackson sehr hellhörig werden ließ, denn Rhodes ist nicht nur ein renommierter Football-Trainer und Ex-Spieler, sondern auch schwarz.

Ähnlich wie in den anderen Profisportarten, allen voran dem Baseball, sind auch im Football die Angehörigen ethnischer Minderheiten in führenden Positionen äußerst rar. Obwohl 65 Prozent der Spieler schwarz sind, gibt es nach dem Rausschmiss von Rhodes nur noch zwei schwarze Cheftrainer – Dennis Green in Minnesota, Tony Dungy in Tampa Bay – und keinen einzigen schwarzen Generalmanager. Dies, obwohl NFL-Commissioner Paul Tagliabue ausdrücklich fordert, wichtige Positionen aus einem „breiteren ethnischen Pool zu besetzen“.

In einem Brief an Ron Wolf, den Generalmanager der Green Bay Packers, beklagen Rainbow-Präsident Jackson und der für sportliche Diskriminierung zuständige Charles S. Farrell, dass es „nicht nur keinen Fortschritt“ in dieser Hinsicht gegeben habe, sondern sogar „eine unakzeptable Verschlechterung“. Zum Beispiel Ray Rhodes, unter dessen Kommando es acht Siege und acht Niederlagen für Green Bay gab. „Hätte man einen weißen Trainer mit einer 8:8-Bilanz entlassen?“, fragt Farrell rhetorisch.

Der Rausschmiss des beliebten Rhodes war auch bei Spielern und Fans auf Überraschung gestoßen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem diktatorischen Mike Holmgren, der die Packers in seinen sechs Amtsjahren zu zwei Super Bowls und einer Meisterschaft (1997) geführt hatte, galt der Coach als sehr spielerfreundlich, eine Eigenschaft, die ihm wohl zum Verhängnis wurde. „Wir waren nicht so diszipliniert, wie er es gern gehabt hätte“, räumt Quarterback Brett Favre ein, „aber zu sagen, er sei nicht hart genug gewesen, ist eine lahme Entschuldigung.“ Dorsey Levens, der vier Touchdowns beim nutzlosen 49:24 gegen Arizona im letzten Spiel erzielt hatte, meinte: „Ich bin schockiert. Ich glaube nicht, dass er eine faire Chance bekam.“

Genau das finden auch Jesse Jackson und seine Mitstreiter. „Jeder neue Trainer verdient eine Chance, sein System zu installieren“, argumentieren sie in ihrem Brief, diese habe Rhodes nicht bekommen. Deshalb stelle sich die Frage, ob er „als Afroamerikaner an einem anderen Standard gemessen wurde“. Besonders besorgniserregend sei, dass auch die Assistenztrainer Sherman Lewis und Emmitt Thomas entlassen wurden. Das Trio bildete den ersten Trainerstab der NFL mit drei Schwarzen in den wichtigsten Positionen, Lewis war seit acht Jahren bei den Packers.

Generalmanager Ron Wolf hatte den Gedanken, Rhodes –1995 bei den Philadelphia Eagles zum NFL-Coach des Jahres gewählt – nach der ersten Saison seines Vierjahresvertrages zu entlassen, noch im Dezember als „abwegig“ bezeichnet. Nach Saisonende befand er jedoch plötzlich, das Team habe zu wenig erreicht. „Die Spieler sprachen nicht auf sein Programm an“, lautete Wolfs Verdikt über Rhodes, der erst im letzten Jahr bei den Eagles vor die Tür gesetzt worden war.

Der Manager der Packers wird diese Woche nach Kalifornien reisen, um mit verschiedenen Nachfolgekandidaten zu sprechen. Nur ein einziger sei schwarz, rügte die Rainbow/Push-Koalition, man hoffe, dass der Klub noch einige qualifizierte Kräfte mehr in den Pool aufnehme. „Für uns ist diese Sache extrem ernst“, bekräftigten Jackson und Farrell am Ende ihres Briefes noch einmal die Erwartung einer fundierten Erläuterung des beunruhigenden Vorgangs durch die Packers. „Die Angelegenheit ist zu wichtig, um ignoriert zu werden“, ihre Bedeutung reiche „weit über Green Bay hinaus“.

Matti Lieske