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Frohlocken mit Schröder und Simonis

Mit zwei Staatsmenschen auf Wahlkampf-Tournee zum Hoch im Norden  ■ Von Sven-Michael Veit

Heide Simonis kann ihr Frohlocken kaum verbergen. Noch nie sei ein Kanzler so lange in Schleswig-Holstein gewesen wie Gerhard Schröder, rechnete die Kieler SPD-Ministerpräsidentin gestern vor, am vierten Tag der Wahlkampftournee des Niedersachsen im Land zwischen den Meeren. Am Vormittag habe es „in unserer Landeshauptstadt“ die erste gemeinsame Kabinettssitzung einer Bundes- und einer Landesregierung gegeben, „und wir haben Ergebnisse vorzuweisen“: Werftenförderung, Fehmarnbeltquerung, Ostseekooperation – einiger und zukunftsorientierter als diese beiden können PolitikerInnen gar nicht sein.

Und noch nie war das nördlichs-te Bundesland so intensiv Objekt medialen Interesses, wie der ständig hinter Schröder und Simonis durchs Land ziehende 40-köpfige Journalistentross beweist. Er dokumentiert einen Wahlkampfauftakt nach Maß, eine geschickt inszenierte Kampagne zweier RegierungschefInnen, die das Wort Landtagswahl nicht in den Mund nehmen und die CDU und ihre Spenden, Kohl und Rühe mit keiner Silbe würdigen.

Dafür sprechen sie umso mehr von den Interessen der BürgerInnen, von Arbeitsplätzen und Innovationen, von gemeinsamen Projekten und Kooperationen. Keine stimmenbuhlenden ParteipolitikerInnen sind da seit Sonntag und noch bis heute Abend unterwegs in Schleswig-Holstein, sondern ein Staatsmann und eine Staatsfrau, denen das Wohl des Landes hoch im Norden über alles geht.

Zum Beispiel das Wohl der fast 3000 MitarbeiterInnen auf der Kieler HDW-Werft, die gestern Mittag Schröder und Simonis auf einer Betriebsversammlung mit weit mehr als Höflichkeitsapplaus bedenken. Schließlich verspricht der Kanzler, die Werften weiter zu subventionieren, „im Interesse der Arbeitsplätze“ und weil „der Schiffbau hier im Norden keine veraltete Industrie ist, sondern Hochtechnologie“.

Und damit diese noch höher werde, habe die Bundesregierung am Morgen 180 Millionen Mark für ein vierjähriges Forschungsprogramm bewilligt. Dieses solle die Zusammenarbeit zwischen Werften, Universitäten und Instituten an gemeinsamen Projekten der Meeres- und Umwelttechnik fördern. Damit, spricht der Kanzler, „machen wir die Schifffahrt und den Schiffbau fit für das 21. Jahrhundert“. Und die Ministerpräsidentin ergänzt, dass die Landesregierung noch eine Werftenhilfe von 60 Millionen Mark drauflege, „davon allein 34 Millionen für Euch hier bei HDW, liebe Kolleginnen und Kollegen“. Da fällt denen das Klatschen natürlich leicht.

Auf der Pressekonferenz am Nachmittag nimmt dann doch ein Journalist das Wort Landtagswahl in den Mund. Wie die Ministerpräsidentin die neuen Umfragen bewerte (siehe unten), nach denen erstmals die SPD vor der CDU und Rot-Grün vor Schwarz-Gelb liege? „Die Stimmung kippt um“, sagt Simonis. Und kann ihr Frohlocken kaum verbergen.

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